Arabische Liga: Assad wünscht sich Neustart der Beziehungen

Nach einem Jahrzehnt Isolation hat Syriens Machthaber Baschar al-Assad in Saudi-Arabien erstmals wieder an einem internationalen Treffen teilgenommen. Beim Gipfel der Arabischen Liga sprach er von einer „historischen Gelegenheit“ für die gesamte Region.

Der syrische Machthaber Baschar al-Assad hat bei seiner ersten Teilnahme an einem Gipfel der Arabischen Liga seit mehr als einem Jahrzehnt seine Hoffnung auf einen Neustart der Beziehungen zwischen den arabischen Staaten geäußert. Bei einer Rede vor den Gipfel-Teilnehmern in der saudi-arabischen Hafenstadt Dschidda sagte Assad am Freitag, er hoffe, dass diese Zusammenkunft „den Beginn einer neuen Phase im gemeinsamen arabischen Handeln für Solidarität, Frieden in der Region, Entwicklung und Wohlstand anstelle von Krieg und Zerstörung“ markiere.

Der letzte arabische Gipfel, an dem Assad teilgenommen hatte, war der im Jahr 2010 in Libyen. Die Organisation hatte Syriens Mitgliedschaft 2011 ausgesetzt, nachdem das Regime die Proteste im Land gewaltsam niedergeschlagen hatte. Daraus entwickelte sich ein Bürgerkrieg, der sich zu einem Stellvertreterkrieg wandelte und bis heute andauert. Mehr als eine halbe Million Menschen haben nach Schätzungen ihr Leben in dem Krieg verloren, rund 14 Millionen Syrerinnen und Syrer mussten ihre Heimat verlassen.

Wiederaufnahme durch Machtverschiebungen und Erdbeben begünstigt

Begünstigt wurde Syriens Wiederaufnahme in die Arabische Liga unter anderem von der verheerenden Erdbebenserie im syrisch-türkischen Grenzgebiet vor mehr als drei Monaten und den Machtverschiebungen in den Beziehungen zwischen mehreren regionalen Akteuren. In den vergangenen Wochen hatten Saudi-Arabien und Syrien nach einem Jahrzehnt die Wiedereröffnung ihrer Botschaften im jeweils anderen Land angekündigt – Riad hatte 2011 entscheidend dazu beigetragen, Syriens Mitgliedschaft in der Arabischen Liga auszusetzen. Im März hatten die bisher rivalisierenden Regionalmächte Iran und Saudi-Arabien ihre diplomatische Eiszeit beendet.

Während Gespräche mit dem Assad-Regime für westliche Länder tabu sind, begrüßt die Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (AANES) die Wiederaufnahme Syriens in die Arabische Liga als wichtige Entwicklung. „Wir hoffen, dass auf dem Weg des Dialogs Horizonte eröffnet werden und mit der syrischen Regierung, den Kräften in Syrien und den arabischen Ländern, die an eine politisch-demokratische Lösung glauben, eine Zusammenarbeit stattfinden wird“, erklärte die AANES im Vorfeld des Gipfeltreffens – und forderte die Organisation auf, eine konstruktive Rolle bei der Lösung der Krise zu spielen. Allerdings unter Berücksichtigung der Ansichten aller syrischen Kräfte. Der Dialog müsse mit allen Syrerinnen und Syrern aufgenommen werden, nicht nur mit einer Seite. „Denn die politische Lösung braucht einen allgemeinen Konsens.“ | Beim Gruppenfoto stand Assad in erster Reihe, dabei plauderte er mit Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und dem irakischen Premierminister Mohammed Schia al-Sudani. © SPA


Assad sagte dazu, der Gipfel in Dschidda finde zwar in einer „instabilen Welt“ statt, die „arabisch-arabischen und arabisch-regionalen Wiederannäherungen“ seien aber Grund für Hoffnung. Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani, dessen Land eine Normalisierung mit Syrien wie Kuwait und Marokko weiterhin ablehnt, reiste vor Assads Rede ab.

Assad bekannte sich zu seiner „arabischen Zugehörigkeit“ und forderte zudem, „ausländische Einmischungen“ in die Angelegenheiten arabischer Staaten zu unterbinden. In den Syrien-Krieg sind mehrere ausländische Mächte verwickelt: Iran und Russland unterstützen Assad, die Türkei ist Besatzungsmacht und hat an ihrer Südgrenze einen dschihadistischen Gürtel geschaffen, die USA sind im Nordosten für den Kampf gegen den IS vertreten.

Auflagen für Rückkehr in die Arabische Liga

Laut Berichten des Nachrichtenkanals Al-Arabiya und der emiratischen Zeitung The National ist die Rückkehr Syriens in die Arabische Liga an mehrere Auflagen geknüpft. Die Damaszener Führung soll demnach verpflichtet werden, Gespräche „mit der Opposition“ über eine neue Verfassung wiederaufzunehmen und den Weg zu Wahlen zu ebnen. Zudem soll das Regime Geflüchteten die Rückkehr sowie grenzüberschreitende humanitäre Hilfe ermöglichen und den Drogenschmuggel in benachbarte Länder eindämmen. Syrien solle „seine natürliche Rolle“ in der Region wieder einnehmen, heißt es in der Abschlusserklärung des Gipfels. Dieser befasste sich auch mit Konflikten im Sudan, im Jemen sowie in Israel und Palästina.

Selenskyj als Ehrengast beim Gipfel

Überraschend nahm auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an dem Gipfel teil. Der saudische König Salman hatte ihn Diplomatenkreisen zufolge als Ehrengast zum jährlichen Gipfeltreffen der Liga eingeladen. Selenskyj warf einigen der 22 Liga-Mitglieder mangelnde Unterstützung seines Landes in Russlands Angriffskrieg vor. „Leider drücken einige auf der Welt und hier in Ihrem Kreis ein Auge zu“, sagte Selenskyj. Nach einem Treffen mit Kronprinz Mohammed bin Salman bot dieser sich erneut als Vermittler an, sprach anschließend aber lediglich von der „ukrainisch-russischen Krise“. Die Golfstaaten pflegen meist gute Beziehungen mit Russland und bemühen sich im Ukraine-Krieg um Neutralität.