Anwerbeversuch vor der Sprachschule
Der Verfassungsschutz hat einen Kurden vor einer Sprachschule im niedersächsischen Buchholz angesprochen und versucht, ihn „zum Schutz Deutschlands“ anzuwerben, teilt die Rote Hilfe Hamburg mit.
Der Verfassungsschutz hat einen Kurden vor einer Sprachschule im niedersächsischen Buchholz angesprochen und versucht, ihn „zum Schutz Deutschlands“ anzuwerben, teilt die Rote Hilfe Hamburg mit.
Auf dem Heimweg vom Deutschkurs in Buchholz ist ein Kurde vom Verfassungsschutz angesprochen worden. Der Betroffene hat sich an die Rote Hilfe Hamburg gewandt und ermutigt nun andere, in solchen Fällen ebenfalls an die Öffentlichkeit zu gehen.
Nach Angaben der Roten Hilfe ereignete sich der Vorfall bereits am 18. Februar um ca. 16.20 Uhr. Dem Betroffenen sei von zwei Männern vor der Sprachschule in Buchholz in der Nordheide (Niedersachsen) der Weg versperrt worden und er sei mit seinem Namen angesprochen worden. „Sie zeigten mir ganz schnell ihre Ausweise und steckten sie wieder ein“, berichtete der Kurde gegenüber der Roten Hilfe. „Weil ich die deutsche Sprache noch nicht so gut beherrsche, ist mir nur durch den Kopf gegangen, dass es Zivilpolizisten sein könnten.“
Deshalb folgte er den beiden Männern in ein nahegelegenes Restaurant: „Dort fragten sie mich, ob wir das Gespräch statt auf Deutsch auch auf Türkisch weiterführen können. Einer der beiden Männer war ,Deutscher‘, der andere sah ,südländisch‘ aus, aber bis dahin wusste ich nicht, dass er ,türkischstämmig‘ ist.“
Den „Deutschen“ beschreibt der Kurde als ca. 30 Jahre alt, groß, schlank, mit zierlichen Gesichtszügen. Er trug eine schwarze Jacke und eine orangefarbene Mütze. Der als türkischstämmig bezeichnete Mann sei ca. 45 Jahre alt, etwas füllig, auch im Gesicht, mittelgroß, mit kurzen schwarzen Haaren. Auch er trug eine schwarze Jacke. Ihre Namen hätten beide nicht genannt.
Im Restaurant erzählten die beiden, dass es zwischen Türken und Kurden in Deutschland Konflikte gebe, die sich nun durch die Flüchtlinge aus Syrien und der Türkei verschärften – weil diese sehr politisiert seien. Die Lage der Kurden in der Türkei sei ihnen bekannt, das Vorgehen der Regierung dort sei „diktatorisch“, es sei aber nun ihre Aufgabe, Deutschland vor diesen Konflikten zu schützen.
„Bis dahin hatte ich nicht verstanden, warum sie mir das alles erzählen und was sie von mir wollen“, so der Kurde. „Dann sagten sie mir, dass sie für den Verfassungsschutz arbeiten und mir eine Mitarbeit anbieten. Sie hätten bereits versucht herauszukriegen, ob ich in Vereine, insbesondere in kurdische, gehe. Sie wüssten auch, dass ich mal für eine kurdische Zeitung geschrieben habe und dass sie jemanden, der journalistisch tätig ist, gut gebrauchen könnten, um detaillierte Informationen über die kurdische Community zu bekommen.“
Daraufhin verließ er das Restaurant – nicht ohne den beiden Geheimdienstlern mitzuteilen, dass er ein politischer Mensch mit Prinzipien und einem Gewissen sei und auf solch ein herabwürdigendes Angebot nie eingehen werde.
„Es wäre gegen meine Prinzipien und Werte, diese Art der Verfolgung und dieses hässliche Angebot des Geheimdienstes nicht öffentlich zu machen“, sagte der Betroffene gegenüber der Ortsgruppe Hamburg der Roten Hilfe. „Ich will Menschen, die auch in eine solche Situation geraten könnten oder es vielleicht schon sind, Mut machen, an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich wurde nicht bedroht oder erpresst, mir wurde auch kein Geld angeboten.“ Eine klare Haltung und der Gang in die Öffentlichkeit verhindere zwar nicht, angesprochen zu werden – „aber wir können dem Geheimdienst damit wenigstens seine Arbeit erschweren“.