Ausreiseverbote waren rechtswidrig
Am 12. Juni 2021 machte sich eine Hamburger Gruppe auf den Weg nach Hewlêr (Erbil), um als Teil einer internationalen Delegation vor Ort ein Bild über die Situation zu machen und die dort lebende Zivilbevölkerung für eine friedliche Lösung gegen den völkerrechtswidrigen Krieg der Türkei in Südkurdistan zu unterstützen. Jedoch wurden 21 Personen der Delegation am Düsseldorfer Flughafen von der Bundespolizei festgehalten, von denen 17 eine einmonatige Ausreiseuntersagung für Reisen in den Irak erhielten. Zwei der Betroffenen klagten im Juni 2022 vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen das Vorgehen der Bundespolizei. Dies entschied am Mittwoch, dass die Ausreiseverbote rechtswidrig waren.
„Wir freuen uns sehr über das Urteil“, sagte Theda Ohling, eine der Hamburger Klägerinnen. Die Bundespolizei hatte ihr und den anderen Delegationsteilnehmenden unterstellt, sie habe im Rahmen einer Aktion „menschliches Schutzschild“ die PKK-Guerilla im Qendîl-Gebirge unterstützen wollen. Dies würde die Beziehungen zum „NATO-Partner Türkei“ negativ belasten und damit erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland berühren.
„Wir hoffen, dass das Urteil die Polizei in Zukunft vor derartigen Grundrechtseingriffen in die Reisefreiheit abhält“, sagte die Klägerin Ronja H. Zuletzt wurde Ende Juli 2024 am Münchener Flughafen einer Delegation die Ausreise untersagt, die zum zehnjährigen Gedenken an den durch den „Islamischen Staat“ (IS) verübten Genozid an den Êzîd:innen im Şengal (2014) nach Südkurdistan (Nordirak) reisen wollten. Insgesamt wurde in den letzten sechs Jahren 131 Personen die Ausreise aus Deutschland verweigert.
Die Klägerinnen hatten sich darüber hinaus erhofft, mehr Informationen über die Hintergründe der Maßnahme zu halten, so Defend Kurdistan Hamburg. Diesbezüglich hielt die Bundespolizei sich allerdings bedeckt und weigerte sich unter Berufung auf Geheimhaltungsinteressen, die Akten vollständig vorzulegen. Im Rahmen der Kontrolle am Flughafen hatten Beamte angegeben, es habe eine „Anweisung von oben“ gegeben. „Von wem die kam und ob es dabei eine Zusammenarbeit mit türkischen Behörden gab, hätten wir gerne erfahren“, sagten die Klägerinnen. „Die Vermutung liegt nahe, dass die Bundesrepublik sich mit den Ausreiseverboten zum Handlanger von Erdoğan macht. Denn der möchte nicht, dass über die völkerrechtswidrigen Angriffe auf Kurdistan berichtet wird.“
Defend Kurdistan Hamburg betont, dass kurdische Vereine, Verbände und Initiativen, die sich für Frieden in Kurdistan und die Belange kurdischer Menschen einsetzen, seitens der deutschen Behörden seit Jahren kriminalisiert werden. Das Urteil des VG Köln gebe Hoffnung auf eine längst notwendige Entkriminalisierung von Kurd:innen in der BRD und des Engagements für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage.
Titelbild von der Pressekonferenz am 2. Juni 2022