Anwältin Didem Baydar Ünsal: „Timtik kämpft für das Leben“

Die Anwältin Didem Baydar Ünsal hat ihre hungerstreikende Kollegin Ebru Timtik im Krankenhaus besuchen können. Sie kämpfe um ihr Leben, erklärt Ünsal nach dem Besuch.

Die Anwält*innen Ebru Timtik und Aytaç Ünsal kämpfen mit einem Hungerstreik für ein faires Gerichtsverfahren. Timtik verweigert seit 237 Tagen und ihr Kollege seit 206 Tagen die Aufnahme von Nahrung. Die beiden Hungerstreikenden werden sei 27 Tagen gegen ihren Willen im Krankenhaus festgehalten. Die Anwältin Didem Baydar Ünsal konnte nun ihre hungerstreikende Kollegin Ebru Timtik besuchen.

Sie hat Schwierigkeiten beim Sprechen“

Die Anwältin Didam Baydar Ünsal ist die Ehefrau des todesfastenden Gefangenen Aytaç Ünsal. Sie äußert sich im ANF-Gespräch über die Situation von Ebru Timtik und sagt, dass Timtik große Schwierigkeiten beim Sprechen habe. Daher konnte sie manche Fragen nur mit ihren Augen beantworten. Ihre Muskeln haben begonnen, sich aufzulösen. Daher könne sie kaum laufen. Wegen der Klimaanlage trockne ihr Mund ständig aus. Darüber hinaus habe sie immer mehr offene Wunden, vor allem im Mund, auch das Schlucken falle ihr schwer. Die Vitaminpräperate müssten zerkleinert werden, auch Flüssigkeit könne sie nur noch in ganz kleinen Schlucken aufnehmen.

Versuchen sie uns zu töten?“

Die Anwältin berichtet, dass die Haftbedingungen im Krankenhaus wesentlich schlechter seien als im Gefängnis. Timtik kämpfe darum, nicht das Bewusstsein zu verlieren, um eine Zwangsernährung zu verhindern. Ihr ginge es sehr schlecht aufgrund der Bedingungen im Krankenhaus. Timtik erwarte, dass der Oberste Gerichtshof umgehend eine Entscheidung über ihr Verfahren fällen wird. „Warten sie darauf, dass wir sterben, bevor sie eine Entscheidung fällen? Versuchen sie uns umzubringen?“, fragte Timtik in dem Gespräch.

Ünsal sagt, dass Ebru Timtik trotz all der katastrophalen Bedingungen und ihres schlechten Zustands um ihr Leben kämpfe, jetzt aber keine Zeit mehr zu verlieren sei. „Der Oberste Gerichtshof muss nun endlich seine Entscheidung fällen“, fordert Ünsal.

Hungerstreik für Gerechtigkeit

Ebru Timtik und Aytaç Ünsal sind seit Monaten im Hungerstreik und werden trotz gerichtsmedizinisch festgestellter Haftunfähigkeit nicht aus dem Strafvollzug entlassen. Auch eine Beschwerde beim türkischen Verfassungsgerichtshof in Ankara blieb zuletzt erfolglos. Die beiden Jurist*innen, die derzeit gegen ihren Willen in verschiedenen Krankenhäusern in Istanbul unter Beobachtung stehen, müssen weiter in Haft bleiben.

Ebru Timtik und Aytaç Ünsal sind Rechtsanwält*innen der linken Vereinigung „Rechtsbüro des Volkes“ („Halkın Hukuk Bürosu“) und waren im Februar gemeinsam mit weiteren inhaftierten Kolleg*innen in den Hungerstreik getreten, den sie am 5. April – dem „Tag des Anwalts” – in ein „Todesfasten” umgewandelt hatten. Die Jurist*innen waren im Komplex der Verfahren gegen vermeintliche Angehörige der DHKP-C aufgrund von widersprüchlichen Aussagen eines Kronzeugen zu langjährigen Haftstrafen nach Terrorparagrafen verurteilt worden. Mit ihrer Aktion fordern sie ein gerechtes Verfahren.