Die Konur-Straße in Ankara: Anwohner sollen vertrieben werden

Die Konur-Straße ist für ihre oppositionelle Identität bekannt und befindet sich im Visier des Staates. Seit 2015 wird die Straße umgestaltet. Ladenbetreiber in Ankara sehen in dieser Veränderung der Straße einen Angriff auf die alternative Kultur.

Die Konur-Straße in Ankara war bisher im ganzen Land als ein oppositioneller Ort jenseits staatlicher Kontrolle bekannt. Die Menschen dieser Straße beteiligten sich an vielen sozialen Protesten. So wurde die Straße auch zu einem Protestfokus zur Unterstützung des Widerstands am Gezi-Park in Istanbul. In der Straße leben Dichter*innen, Schriftsteller*innen und Künstler*innen und finden hier einen Rückzugsort vom Konformitätsdruck des Regimes. Seit 2015 wird die Straße jedoch Schritt für Schritt verändert. Dabei geht es darum, diese alternative Kultur zu vernichten.

Mittlerweile haben sich Telecafés, Wettläden und auch Drogenhandel in der Straße ausgebreitet und zerstören die alternativen Strukturen. Die Polizei stürmt oft sogar zweimal in der Woche oppositionelle Geschäfte und versucht, deren Arbeit zu sabotieren, berichten Anwohner*innen. Ein Ladenbesitzer sagt, diese Situation werde bewusst herbeigeführt, um sie ökonomisch unter Druck zu setzen. Auf den Straßen seien organisierte Mafia-Gruppen und Drogendealer unterwegs, gegen die allerdings nichts unternommen werde.

Der Staat macht die Straße unsicher

Unter dem Vorwand der Corona-Pandemie werden die Personalien von Besucher*innen von Cafés aufgenommen. Die Betreiber*innen werden vertrieben und andere Geschäft wie Telecafés rücken an ihre Stelle. Straßenhändler*innen dürfen keine Stände mehr aufbauen. Begründet wird dies offenbar mit dem Argument, diese Händler würden „Terrororganisationen unterstützen“. Die Regierung verbietet jede Kundgebung oder Aktion in der Konur-Straße und hat den Putschversuch 2016 als Gelegenheit genutzt, den Ort, wie viele andere Plätze auch, de facto in eine Polizeikaserne zu verwandeln. Der Eingang in die Straße wird von einer eigenen Polizeistation überwacht. Auch wenn „Sicherheit“ der Vorwand sein mag, ist die Straße dadurch wesentlich unsicherer geworden. Die Polizei hält die Menschen willkürlich an, kontrolliert oder beschimpft und bedroht sie. So herrscht dort nun ein Klima der Angst. Vor Übergriffen und Belästigungen von Frauen in der Straße verschließen die Polizisten die Augen, während sie alle, die sie möglicher Proteste verdächtigen, festnehmen. Nach Aussagen von Anwohner*innen ist das eigentliche Ziel des Stützpunkts der Polizei nicht Sicherheit, sondern politische Kontrolle.