ÖHD: Unvereinbar mit der Menschenwürde

Der Juristenverband ÖHD hat den Bestattungsort der verschleppten Guerillaleichen inspiziert, die auf einem Istanbuler Friedhof unter einem Gehweg begraben wurden. Als „unvereinbar mit der Menschenwürde“ bezeichnet ÖDH den Umgang mit den Gefallenen.

Eine Delegation der Freiheitlichen Juristenvereinigung ÖHD (Özgürlük için Hukukçular Derneği) hat eine Inspektion am Istanbuler Friedhof Kilyos durchgeführt. Dort wurden auf Betreiben der türkischen Behörden die sterblichen Überreste von hunderten Kämpferinnen und Kämpfern der kurdischen Guerilla in Plastikboxen unter einem Gehweg begraben. Zuvor waren die Leichen Ende 2017 vom Gefallenenfriedhof Garzan in der Provinz Bedlîs (Bitlis) exhumiert und verschleppt worden. Die Ruhestätte wurde anschließend dem Erdboden gleichgemacht. Seitdem versuchen Angehörige, die Knochen ihrer Kinder zurückzubekommen.

Vor wenigen Tagen veröffentlichte die Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) das ganze Ausmaß dieser Schandtat. Die Plastikkisten mit den Leichen der Gefallenen liegen übereinandergestapelt drei Meter unter der Erde. Auf Videoaufnahmen ist ein Friedhofsmitarbeiter zu erkennen, der die Boxen mit seinen Füßen hin und her rückt. In einigen Boxen verstaute man gleich die Knochen von mehreren Toten. Die ÖHD-Anwälte stellen in ihrem Untersuchungsbericht fest, dass die Art und Weise der Beerdigung und der Umgang mit den Leichen „unvereinbar mit der Menschenwürde“ sind und darüber hinaus gegen jegliche rechtliche Bestattungsbestimmungen verstoßen. Der Juristenverband fordert ernsthafte rechtliche Konsequenzen sowohl für die Gerichtsmedizin Istanbul, die die Leichen zur Bestattung auf dem Friedhof Kilyos freigab, als auch für die Generalstaatsanwaltschaft von Istanbul, auf deren Anordnung die Gefallenen exhumiert und verschleppt wurden, sowie für die Friedhofsverwaltung in Kilyos.

Zudem verlangt ÖDH die Herausgabe der Leichen an die Familien. Diese hatten sogar mehrmals DNA-Proben zur Identifizierung abgegeben, das Verfahren des Abgleichs hat sich innerhalb der türkischen Behörden jedoch zu einer gezielten Tortur etabliert. Teilweise über Jahre werden Ergebnisse vorenthalten und gezielt verschleppt, um Angehörige von Gefallenen der kurdischen Befreiungsbewegung zu schikanieren. ÖHD fordert deshalb eine öffentliche Entschuldigung bei den Familien für das Trauma, dass sie seit zweieinhalb Jahren erleiden müssen.

282 Leichen verschleppt

Bisher wurde davon ausgegangen, dass die Leichen von 267 gefallenen Kämpferinnen und Kämpfern, die in Garzan begraben worden waren, von türkischen Sicherheitskräften exhumiert und nach Istanbul verschleppt wurden. Nach Recherchen von MA handelte es sich sogar um die sterblichen Überreste von 282 Menschen. Nur 21 Leichname wurden danach den Angehörigen übergeben.