In der italienischen Hauptstadt Rom ist am Freitagabend die internationale Konferenz „Freiheit für Abdullah Öcalan – Politische Lösung der kurdischen Frage“ mit zahlreichen Beiträgen fortgesetzt worden. Über 300 Vertreter:innen aus Gewerkschaften, Parlamenten, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Bewegungen aus Europa, Lateinamerika und dem Nahen Osten versammelten sich, um Öcalans historischen Appell vom 27. Februar in den Mittelpunkt zu rücken – und konkrete Schritte für einen neuen politischen Prozess zu fordern.
Die Panels des Abends standen unter dem Titel „Öcalans Aufruf und die Perspektive des Friedens“. Zahlreiche Redner:innen betonten, dass die Türkei endlich handeln und die internationale Staatengemeinschaft mehr Verantwortung übernehmen müsse.
„Die Verbindung zwischen Öcalan und dem Volk ist unzertrennlich“
Eröffnet wurde das Abendpanel von Zîlan Diyar von der Kurdischen Frauenbewegung in Europa (TJK-E). Sie erinnerte daran, dass die laufende internationale Kampagne für die Freiheit Öcalans bereits vor zwei Jahren ihren Anfang genommen habe, jedoch ihre Wurzeln in über 25 Jahren Widerstand gegen die Isolation und Inhaftierung des kurdischen Vordenkers auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali habe.
„Diese Bewegung wurde getragen von der Entschlossenheit und dem Willen der Frauen, der Jugend und der Völker. Die Verbindung zwischen Abdullah Öcalan und der Bevölkerung kann durch keine Mauer und kein Verbot getrennt werden“, so Diyar. Sie hob die politische und gesellschaftliche Sprengkraft von Öcalans Ideen hervor und betonte: „Freiheit ist keine Vision, sondern eine Praxis – wir müssen seine demokratischen Konzepte praktisch umsetzen.“
„Rojava ist ein Hoffnungsträger – inspiriert von Öcalans Denken“
Der italienische Abgeordnete und Vorsitzende der Partei Sinistra Italiana, Nicola Fratoianni, betonte, dass Öcalans Ideen nicht isoliert, sondern Teil eines breiten demokratischen Prozesses seien, der längst über Kurdistan hinauswirke. „Rojava ist ein konkretes Beispiel dafür, wie ein alternatives Gesellschaftsmodell aussehen kann – auf der Basis von Demokratie, Geschlechtergerechtigkeit und Ökologie.“
Fratoianni kritisierte die politische Instrumentalisierung internationaler Institutionen, etwa durch die Türkei im Kontext der NATO, und forderte: „Es braucht eine mutige und klare Friedensinitiative. Internationale Akteur:innen dürfen nicht länger zusehen. Der Aufruf Öcalans ist eine Chance – und die Türkei sollte darauf antworten.“
„Öcalan zeigt einen Ausweg aus autoritären Sackgassen“
Der französische Abgeordnete Emmanuel Fernandes (La France Insoumise) erinnerte daran, dass die kurdische Bewegung weltweit für viele linke und demokratische Kräfte als Vorbild gilt. „Öcalans politische Philosophie stellt einen Gegenentwurf zu den autoritären, patriarchalen und rassistischen Strukturen dar, die viele Gesellschaften derzeit bedrohen.“ Er hob insbesondere die langjährige Protestaktion kurdischer Aktivist:innen in Straßburg hervor, die sich für Öcalans Freilassung einsetzen: „Ihr Mut und ihre Ausdauer inspirieren uns. Dieser Protest darf nicht ignoriert werden.“
„Öcalans Stimme muss gehört werden – in Freiheit“
Die baskische Parlamentarierin Diana Urrea Herrera sprach sich mit Nachdruck für die Freilassung Öcalans aus. „Er ruft zum Frieden auf – in einer Zeit, in der weltweit Krieg geführt wird. Seine Botschaft ist klar: Demokratie ist der Weg aus der Gewalt.“
Sie unterstrich, dass die internationale Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung gewachsen sei – auch im Baskenland. „Öcalans Stimme muss nicht nur gehört, sondern in Freiheit gestärkt werden. Dafür braucht es politischen Druck auf die Türkei und konkrete Schritte der internationalen Gemeinschaft.“
„Seine Freiheit ist eine Frage der Gerechtigkeit“
Der Politiker Maurizio Acerbo von der Europäischen Linken schlug den Bogen zu historischen Beispielen wie Nelson Mandela. „Abdullah Öcalan sitzt nicht nur in Haft – er ist auch ein politisches Symbol. Seine Ideen leben längst in Bewegungen auf der ganzen Welt.“
Acerbo nannte Öcalan „das Gewissen des demokratischen Widerstands in der Region“ und forderte eine sofortige Freilassung. „Sein Freiheitsentzug ist eine Hypothek auf jede ernst gemeinte Friedenspolitik.“
Weitere Stimmen: Menschenrechte, internationale Verantwortung und Solidarität
Mike Arnott (Gewerkschaft, Schottland) kritisierte die fortdauernde Isolation Öcalans auf Imrali und erinnerte an die Notwendigkeit internationaler Mobilisierung.
Keskin Bayındır, Ko-Vorsitzender der DBP, sprach von der Kampagne als „Türöffner für eine neue Phase des Dialogs“ und betonte: „Die Türkei muss handeln, wenn sie es mit Demokratie ernst meint.“
Emily Clancy, Bürgermeisterin von Bologna, bekräftigte die solidarische Haltung ihrer Stadt: „Bologna hat Abdullah Öcalan das Ehrenbürgerrecht verliehen – wir hoffen, ihn eines Tages als freien Menschen begrüßen zu können.“
Piero Bernocci (COBAS) und María José Cano (CTA Argentinien) erinnerten an die jahrzehntelange Unterdrückung der Kurd:innen und berichteten von Solidaritätsaktionen weltweit.
Kultureller Ausklang: Kurdische Küche trifft italienische Volksmusik
Den Abschluss des Abends bildete ein kulturelles Rahmenprogramm im Ararat Kulturzentrum, bei dem kurdische Spezialitäten gereicht wurden – begleitet von traditionellen italienischen Liedern. Inmitten von politischen Appellen und strategischen Debatten wurde so auch Raum für Begegnung und gemeinsame Stärke geschaffen.
Die Konferenz macht nicht nur deutlich, dass die Forderung nach Öcalans Freiheit auf internationaler Ebene weiter wächst – sie zeigt auch, dass eine neue Generation politischer Akteur:innen bereit ist, für Frieden, Gerechtigkeit und demokratische Lösungen zu kämpfen. Der Appell: Jetzt ist die Zeit zum Handeln – in Ankara ebenso wie in Brüssel, Berlin und Rom.
Am Samstag geht die Konferenz mit weiteren Panels weiter, Themen sind unter anderem die lokale, regionale und globale Wirkung von Öcalans Vorstellungen über Frieden und demokratische Gesellschaft. Darüber hinaus steht ein zweigeteiltes Forum auf dem Programm, in dem Delegierte ihre Perspektiven und Empfehlungen einbringen. Zum Abschluss wird eine gemeinsame Abschlusserklärung veröffentlicht und der internationalen Öffentlichkeit vorgestellt.