Bei dem als „Massaker von Ankara“ bekannt gewordenen Selbstmordanschlag auf eine Friedenskundgebung sind am 10. Oktober 2015 103 Menschen getötet worden, mehrere hundert Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Der IS-Anschlag, bei dem vieles auf eine Verwicklung des türkischen Geheimdienstes hindeutet, stellte einen direkten Angriff auf die Friedensbewegung dar. Die Friedensbewegung hatte damals weite Teile der Bevölkerung in der Türkei erfasst. Dem Anschlag folgte eine Eskalation staatlicher Gewalt. Zuvor hatte das Regime den Friedensprozess einseitig beendet und war durch seine Unterstützung für den sogenannten „Islamischen Staat” (IS) in die Schlagzeilen geraten. 65 Monate nach diesem verheerenden Anschlag fand am Mittwoch vor dem Bahnhof von Ankara eine Gedenkkundgebung des Friedens- und Solidaritätsvereins 10. Oktober statt, an der Angehörige der Opfer sowie viele weitere Menschen teilnahmen.
Politik der Straflosigkeit für Täter, Repression und Drohungen gegen Angehörige der Opfer
Mehtap Sakinci Coşgun, Vorsitzende des Friedens- und Solidaritätsvereins, beklagte an dem Ort, an dem der Anschlag stattgefunden hatte, die Politik der Straflosigkeit gegenüber den Tätern und wies darauf hin, dass das Gerichtsverfahren mit nur einem Angeklagten weitergeführt werde und die, die seit fünfeinhalb Jahren gesucht werden, immer noch nicht gefasst worden seien. Sie sprach über Drohungen und Repression gegenüber den Angehörigen der Opfer: „Wir haben einen Prozess in diesem Fall durchlaufen. Wir erlebten Zeiten in den Gerichtssälen, in denen wir bedroht wurden und mit Worten wie ‚Wenn ihr nicht still seid, wird die Verhandlung vertagt' eingeschüchtert werden sollten. Jedoch haben wir die Gerichtssäle trotz der Repression gefüllt."
Wir werden Gerechtigkeit erlangen
Coşgun schloss ihre Rede mit den Worten: „Für eines der größten Massaker in der Geschichte der Republik gibt es immer noch keine Gerechtigkeit. Um Gerechtigkeit zu erlangen, werden wir die Gerichtssäle weiterhin unermüdlich füllen. Mit unserer Beharrlichkeit werden wir eine wirkliche Gerechtigkeit erlangen.”