24-stündiges Anwaltsverbot für IHD-Vorsitzenden

Im Fall des in Ankara festgenommenen Ko-Vorsitzenden des Menschenrechtsvereins IHD, Öztürk Türkdoğan, ist ein 24-stündiges Anwaltsverbot angeordnet worden. Begründet wird die Maßnahme damit, dass Einzelheiten aus der Akte preisgegeben werden könnten.

Im Fall des Ko-Vorsitzenden des Menschenrechtsvereins IHD, Öztürk Türkdoğan, und zehn weiteren Personen aus Ankara und Eskişehir, die am Freitag auf Anordnung der Generalstaatsanwaltschaft in der türkischen Hauptstadt festgenommen worden waren, ist ein 24-stündiges Anwaltsverbot angeordnet worden. Einen Tag lang wird den Festgenommenen somit der Zugang zu einem Rechtsbeistand verwehrt. Zur Begründung der Verfügung der 3. Strafabteilung des Amtsgerichts Ankara heißt es, ein persönlicher Kontakt zwischen „Verdächtigen in Gewahrsam und Anwälten sowie die Berechtigung, den Inhalt der Akte zu prüfen oder Kopien der Dokumente anzufertigen, kann den Zweck der Ermittlungen gefährden“.

Derweil sind die Hintergründe der Festnahmen noch immer unklar. Zuletzt hatte der türkische Innenminister Süleyman Soylu im Parlament gegen Türkdoğan gehetzt. Hintergrund war dessen Kritik an der türkischen Besatzungsoperation im südkurdischen Gare. Nach dem Tod von dreizehn Kriegsgefangenen der PKK im Zuge des Angriffs, von denen zwölf türkische Staatsbürger waren, hatte Türkdoğan den Vorfall als Kriegsverbrechen bezeichnet und die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses gefordert. Daraufhin griff Soylu in einer Parlamentserklärung den IHD und führende Vertretetinnen und Vertreter aggressiv an und wünschte ihnen den Tod.

Auch HDP-Mitglieder festgenommen

Neben Öztürk Türkdoğan waren am frühen Freitagmorgen auch mehrere Mitglieder der Demokratischen Partei der Völker (HDP) festgenommen worden. Unter ihnen befinden sich die Sprecherin des Frauenrats in Ankara, Zeyno Bayramoğlu, der Politiker Ali Özkan aus dem Parteirat, der Ko-Kreisvorsitzende von Mamak, Uğur Akkaya sowie die Ko-Vorsitzende des Provinzverbands in Eskişehir, Şükriye Ercan.

Seit Gründung rechtliche Eingriffe in Arbeit

Der IHD und die Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV) zeigten sich empört über die Festnahme von Türkdoğan und verlangen die sofortige Freilassung. Der 1970 in Qers (tr. Kars) geborene Menschenrechtler gehört zu den Gründungsmitgliedern des IHD. Der Menschenrechtsverein wurde 1986 von Anwälten, Journalisten, Intellektuellen und vor allem Angehörigen politischer Gefangener ins Leben gerufen. Er setzt sich für die Einhaltung der Menschenrechte in allen Bereichen ein. Seit der Gründung hat der IHD mit rechtlichen Eingriffen in seine Arbeit, aber auch mit direkter Gewalt von Einzelpersonen oder nationalistisch motivierten Kreisen zu kämpfen gehabt. 14 Vereinsmitglieder wurden ermordet.

IHD und TIHV: Türkdoğan sofort freilassen

Türkdoğan ist seit 2008 an der Spitze des IHD, seit Einführung der genderparitätischen Doppelspitze teilt er sich das Amt mit der Menschenrechtsanwältin Eren Keskin. Die Istanbuler IHD-Vorsitzende Gülseren Yoleri erklärte am Freitag: „Unser Verein ist schon oft an der Arbeit gehindert worden, aber die Festnahme des Ko-Vorsitzenden hat eine symbolische Bedeutung.“ Auch international regt sich heftiger Protest gegen das Vorgehen der türkischen Justiz gegen Türkdoğan. Milena Büyüm von Amnesty International etwa kritisierte die Festnahme ebenfalls. „Die Tinte auf dem Menschenrechtsaktionsplan ist kaum getrocknet“, schrieb Büyüm auf Twitter. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte erst Anfang März einen  „Aktionsplan“ angekündigt, um die Menschenrechtslage im Land zu verbessern und den Rechtsstaat zu stärken. Nichts weiter als eine Nebelkerze, hatte die HDP kommentiert.