2000 Anträge für Besuch bei Abdullah Öcalan

Seit Juni haben etwa 2000 Anwältinnen und Anwälte aus Dutzenden Ländern beim türkischen Justizministerium eine Erlaubnis für einen Besuch bei Abdullah Öcalan im Inselgefängnis Imrali beantragt.

Seit dem 25. März 2021 gibt es kein Lebenszeichen von Abdullah Öcalan und seinen drei Mitgefangenen Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali. Der letzte Kontakt zur Außenwelt war ein kurzes Telefongespräch zwischen Öcalan und seinem Bruder Mehmet Öcalan, das aus unbekannten Gründen nach wenigen Minuten abbrach. Rechtsanwält:innen der Istanbuler Kanzlei Asrin haben das letzte Mal im August 2019 mit Öcalan sprechen können. Die anderen drei Imrali-Gefangenen haben seit ihrer Verlegung in das Hochsicherheitsgefängnis im Jahr 2015 gar keinen Kontakt mehr zu ihren Rechtsbeiständen gehabt.

Die Anwaltskanzlei Asrin stellt regelmäßig Besuchsanträge, die entweder abgelehnt oder ignoriert werden. Inzwischen haben ungefähr 2000 weitere Anwältinnen und Anwälte eine Besuchserlaubnis für Abdullah Öcalan beantragt. Den ersten Massenantrag stellten am 10. Juni 2022 775 Anwält:innen aus der Türkei und Nordkurdistan. Am 14. September wurde auf einer Pressekonferenz in Brüssel bekannt gegeben, dass 350 Anwält:innen aus 22 Ländern einen Besuchsantrag gestellt haben. Hélène Debaty, Präsidentin der Union der Anwält:innen für Demokratie (SAD) und Mitglied der European Democratic Lawyers (AED), Selma Benkhelifa vom Brussels Progressive Lawyers Network, Stéphane Boonen, Direktor der belgisch-deutschen und französischen Anwaltskammern, und Maurice Krings, ehemaliger Präsident der Brüsseler Anwaltskammer, erläuterten im Brüsseler Presseclub ausführlich den juristischen Hintergrund ihrer Anträge.

Wie das Rechtsbüro Asrin am Montag mitteilte, haben inzwischen weitere 756 Kolleginnen und Kollegen aus Marokko, Palästina, Südkurdistan, Irak, Libanon, Ägypten, Rojava, Syrien und Jordanien eine Besuchserlaubnis für Imrali beim türkischen Justizministerium beantragt. Eine Pressekonferenz zu diesem Thema in der südkurdischen Metropole Silêmanî wurde von den Behörden verboten. Dieses Verbot sei „nur ein Beispiel für die internationale Dimension der Isolation“ der Imrali-Gefangenen, betont die Kanzlei Asrin und bedankt sich bei allen solidarischen Kolleginnen und Kollegen weltweit, die deutlich gemacht hätten, dass die Vorstellungen von Abdullah Öcalan längst über Kurdistan hinaus Anerkennung finden und er als Schlüsselfigur für eine Lösung der kurdischen Frage und der Krise im Nahen Osten freigelassen werden müsse.

Rechtsanwält:innen auf einer Pressekonferenz in Qamişlo

In Qamişlo in Nordsyrien haben Dutzende Rechtsanwält:innen am Montag mitgeteilt, dass sie ebenfalls Besuchsanträge gestellt haben. Die Isolation von Abdullah Öcalan sei offenkundig rechtswidrig und habe schwere politische und soziale Folgen, das Recht auf Verteidigung sei unantastbar und müsse unter allen Umständen verteidigt werden, erklärte Roja Xelef von der Anwaltsvereinigung in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien.