Dutzende Festnahmen in Istanbul, Mêrdîn und Izmir

In der Türkei sind rund fünfzig Menschen wegen vermeintlichen Terrorverdachts festgenommen worden. Allein in Istanbul nahm die Polizei 47 Personen in Gewahrsam. Der Schritt steht im Zusammenhang mit der verbotenen Mai-Kundgebung auf dem Taksim-Platz.

Generalverdacht „Terrorismus“

In der Türkei sind mehr als fünfzig Menschen wegen vermeintlichen Terrorverdachts festgenommen worden. Allein 47 Personen nahm die Polizei am Freitag bei frühmorgendlichen Razzien in Istanbul fest. Wie die Anwaltsvereinigung ÇHD meldete, stehen die Festnahmen dort im Zusammenhang mit der Kundgebung zum 1. Mai, die von den Behörden trotz eines gegenteiligen Urteils des Verfassungsgerichts verboten worden war. Bereits am Tag der Arbeit hatte die Polizei hunderte Menschen in Istanbul in Gewahrsam genommen.

Bei den nun Festgenommenen soll es sich laut ÇHD um Mitglieder verschiedener linker Organisationen handeln, darunter von der Gruppe „Volkshäuser“ (Halkevleri), Revolutionäre Bewegung (Devrimci Hareket), Linke Partei (SOL Parti), Vereine der revolutionären Jugend (Devrimci Gençlik Dernekleri) und Initiative sozialistischer Kampf (Sosyalist Mücadele İnisiyatifi). Alle Betroffenen, darunter auch einige Frauen, seien in das als Folterzentrum berüchtigte Polizeipräsidium Vatan im Istanbuler Bezirk Fatih gebracht worden. Dort sollen sie einem Verhör unterzogen werden.

Filmemacher in Izmir in Gewahrsam

In der Ägäis-Metropole Izmir wurde der Kameramann Koray Kesik festgenommen. Wie die Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) berichtete, wurde der 53-Jährige nach einer Durchsuchung seiner Wohnung von der Polizei abgeführt. Kesik, der gebürtig aus der Schwarzmeerprovinz Giresun stammt, hat unter anderem an der 2015 erschienenen Dokumentation „Bakur“ (Kurdisch für „Norden“) über den Alltag der Guerilla der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) mitgewirkt. Deren Macher Çayan Demirel und Ertuğrul Mavioğlu werden bis heute wegen des Films von der türkischen Justiz verfolgt. Ob Kesiks Festnahme im Zusammenhang mit der juristischen Verfolgung von „Bakur“ steht, ist unklar. Die Polizei machte keine Angaben zu den Gründen, nannte nur einen angeblichen Terrorverdacht.

Festnahme in Nisêbîn

Aus Nisêbîn (tr. Nusaybin) in der kurdischen Provinz Mêrdîn (Mardin) wurden Razzien durch die Gendarmerie (Militärpolizei) gemeldet. Mindestens drei Wohnungen im ländlichen Marîn seien am Morgen gestürmt worden, bestätigt wurde eine Festnahme. Dabei soll es sich um einen Kurden mit dem Namen Abdürrahim D. handeln. Auch gegen ihn werde wegen Terrorverdachts ermittelt, worum es dabei konkret gehen soll, ist jedoch unklar. D. wurde auf das Revier des militärpolizeilichen Kreiskommandos gebracht. In der Provinzhauptstadt Mêrdîn befinden sich darüber hinaus zwei Schüler seit gestern unter Terrorvorwürfen in Gewahrsam. Auch in ihrem Fall ist nicht bekannt, auf welche Beschuldigung sich der Vorgang genau bezieht.