Bremen: Kurdische Verbände fordern Schutz ihrer Einrichtungen

Auf einer Pressekonferenz im Verein Biratî e.V. in Bremen haben kurdische Verbände den Schutz ihrer Einrichtungen und eine Ende der Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden in Deutschland gefordert.

Auf einer Pressekonferenz im Verein Biratî e.V. in Bremen ist Schutz für kurdische Institutionen und eine Ende der Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden in Deutschland gefordert worden. Anlass der Pressekonferenz am Dienstag war eine mit einem Hakenkreuz und SS-Runen versehene Patronenhülse, die vor einer Woche im Briefkasten des Vereins in der Bremer Neustadt gefunden wurde.

Sebahat Ergin, Ko-Vorsitzende des Verbands Demokratisches Gesellschaftszentrum der Kurdinnen und Kurden in Norddeutschland e.V. (FED-DEM), wies auf den Anstieg rassistischer Angriffe und Drohungen in den letzten Jahren hin und sagte: „Wir sind Rassismus und Faschismus ausgesetzt. In Deutschland leben Millionen Kurdinnen und Kurden, aber wir fühlen uns nicht sicher. Deshalb sind wir heute hier, wir wollen gehört werden.“ Daher sei es dringend erforderlich, dass die Bremische Bürgerschaft gegen die Bedrohung kurdischer Menschen vorgehe, forderte Ergin: „Als FED-DEM erwarten wir vom Landesparlament und Senat, die für die Sicherheit der aller Bürgerinnen und Bürger Bremens, einschließlich der Kurd:innen, verantwortlich sind, dass sie dringend konkrete Maßnahmen gegen die nachvollziehbare und verständliche zunehmende Unruhe innerhalb unserer Gesellschaft ergreift.“


Kriminalisierung erzeugt antikurdische Stimmungsmache

Der Verband FED-DEM, ein Zusammenschluss kurdischer Vereine in Norddeutschland, führt die Zunahme von antikurdischem Rassismus in Bremen unter anderem auf die Praxis der Polizei zurück, Biratî zu kriminalisieren und immer wieder unter verschiedenen Vorwänden zur Zielscheibe zu machen. Der Verein sei verleumderischen Anschuldigungen ausgesetzt, mit der Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden in den Medien werde antikurdische Stimmungsmache betrieben. Ein Beispiel dafür sei die Berichterstattung zum Fall Kadri Saka. Der 58-jährige Aktivist und Vater von acht Kindern war Mitte Januar in Bremen wegen des Vorwurfs, zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu gehören, festgenommen und später verhaftet worden. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg wirft ihm vor, sich in „herausgehobener Stellung“ für die PKK betätigt und einen vermeintlichen „Gebietsverantwortlichen“ unterstützt zu haben. Seine Aufgaben hätten darin bestanden, Demonstrationen und Veranstaltungen zu organisieren, Teilnehmer:innen für diese Aktivitäten zu mobilisieren, bei Streitigkeiten zu schlichten, Spendenkampagnen durchzuführen oder Zeitschriften und Veranstaltungstickets zu verkaufen. Polizeiberichte in der Presse diffamierten Saka daraufhin als gefährliche Person und erzeugten damit gezielt eine Drohkulisse gegenüber Kurd:innen. Ebenso sei Biratî e.V. medial diskriminiert worden, da etwa zeitgleich zur Festnahme Sakas die Räumlichkeiten des Vereins von der Polizei durchsucht wurden.


„Eine Patrone kann uns nicht einschüchtern“

Die Ko-Vorsitzende von Biratî e.V., Xezal Yalçın, kritisierte die mangelnde Berichterstattung über antikurdischen Rassismus in den Medien und sagte: „Wir hätten heute gerne auch deutsche Journalisten gesehen. Unser Verein ist legal und unsere Kinder lernen hier ihre eigene Sprache und Kultur. Aber die deutschen Medien interessieren sich nicht für rassistische Angriffe auf uns.“

Auch die Ko-Vorsitzende des bundesweiten Verbands KON-MED, Ruken Akça, sprach die Enttäuschung der kurdischen Community an: „Die aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden wollen gleichberechtigt und geschwisterlich leben. Sie sind Teil der multikulturellen Struktur Deutschland und arbeiten in allen Bereichen, viele haben Firmen gegründet und Arbeitsplätze geschaffen.“ Für die kurdische Gesellschaft in Deutschland sei der Vorfall bedauerlich, aber sie lasse sich weder mit einer Patrone einschüchtern noch kriminalisieren.

Bremer Linkspolitiker: Kein Einzelfall

Der Linkspolitiker Cindi Tuncel, Vorstandsmitglied der Bremischen Bürgerschaft, und sein Fraktionskollege Muhlis Kocaağa forderten, den Vorfall ernst zu nehmen. Die Bremer Polizei müsse den Fall verfolgen, sagte Tuncel. Menschen unterschiedlicher Herkunft seien in den Verein gekommen, um deutlich zu machen, dass die Kurd:innen nicht alleine seien und Faschismus gemeinsam bekämpft werden müsse. Muhlis Kocaağa sprach sich dafür aus, die Bedrohung der kurdischen Gemeinde nicht als Einzelfall anzusehen, sondern als strukturierten Angriff. Dass Wachsamkeit geboten sei, zeigten Beispiele wie die tödlichen Anschläge auf Kurd:innen 2013 und 2023 in Paris und der rassistische Anschlag in Hanau von 2019.