Nach dem Fund von mit Hakenkreuz versehenen Patronen im Briefkasten von Biratî e.V. in Bremen hat der Vorstand des kurdischen Vereins die Bundesregierung zu Handlungen aufgefordert, die der individuellen, institutionellen und strukturellen Praxis der Diskriminierung von Kurdinnen und Kurden einen Riegel vorschieben sollen. Es sei diese Kriminalisierungspolitik, die antikurdischem Rassismus den Weg bereite und Übergriffe aus dem rechtsextremen Spektrum auf kurdischstämmige Menschen ebne, erklärte der Verein in einer Mitteilung.
„In Deutschland leben schätzungsweise 1,5 Millionen Kurdinnen und Kurden. Sie sind damit eine der größten Einwanderergruppen, auch im Land Bremen. Als Teil der Bremer Gesellschaft versteht sich die kurdische Community als integraler Bestandteil der multikulturellen Struktur dieser Stadt. Doch Vorfälle von Kriminalisierung, Diskriminierung und Stigmatisierung von Personen unserer Gemeinschaft in der jüngeren Vergangenheit, die auch und gerade im Kontext des umstrittenen Potsdamer Treffens von Rechtsextremen und Rassisten bedeutsam sind, bei dem es auch um einen Masterplan zur ‚Remigration‘ von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ging, haben bei Kurdinnen und Kurden Entsetzen und Empörung hervorgerufen.
Millionen von Menschen, die für Demokratie, Menschenrechte und ein multikulturelles Leben eintreten, gingen auf die Straße und reagierten auf dieses Treffen mit dem Ruf ‚Nie wieder ist jetzt‘. Diese Reaktion der deutschen Gesellschaft war wie für viele andere migrantische Gruppen auch eine Erleichterung für die kurdische Gemeinschaft. Schließlich blicken in Deutschland lebende Kurdinnen und Kurden auf eine lange Vergangenheit mit individuellen, institutionellen und strukturellen Fällen von rechtsextremen oder rassistischen Einstellungen beziehungsweise Taten zurück. Denken wir an Hanau: alle neun aus rassistischen Motiven ermordeten Menschen hatten einen ‚Migrationshintergrund‘. Unter den Opfern waren auch Kurden. Das Unbehagen der kurdischen Community sollte also ernst genommen worden.
Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass die Diskriminierung und Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden in der Bundesrepublik von staatlichen Organen wie Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz mitgetragen wird – dies selbst in einer Zeit, in der die AfD auf dem Vormarsch ist. Doch genau diese strukturell verankerte Benachteiligung ist es, die antikurdischem Rassismus den Weg bereitet und Übergriffe aus dem rechtsextremen Spektrum auf Mitglieder unserer Community ebnet. Ein aktuelles Beispiel ist die jüngste Durchsuchung unseres Vereins Mitte Januar und die etwa zeitgleiche Verhaftung unseres Mitglieds Kadri Saka wegen angeblicher Mitgliedschaft in der PKK. Dies, weil er Demonstrationen mitorganisierte und Veranstaltungstickets verkaufte.
Der Fund von Patronen, die mit Hakenkreuzen und dem Kürzel ‚SS‘ – die sogenannte ‚Schutzstaffel‘, die im Nationalsozialismus Angst und Schrecken verbreitete – versehen und samt Drohschreiben in den Briefkasten unseres Vereins gelegt wurden, stellen den bisherigen Höhepunkt der Drohungen und rassistischen Taten gegen die kurdische Community in Deutschland dar. Als in diesem Land lebende Menschen fordern wir die Bundesregierung und ihre Strukturen auf, die Kriminalisierung unserer Gemeinschaft zu beenden. Sehen Sie ab von der Charakterisierung der Vorfälle von antikurdischem Rassismus als Einzelfälle, und gehen sie an als ein strukturelles Problem an. Denn dafür gibt es genug Belege. Zeigen Sie die gleiche Sensibilität gegenüber antikurdischem Rassismus wie gegenüber Antisemitismus und schützen Sie kurdische Organisationen.“