Women Defend Rojava verbindet: Live zwischen Leipzig und Rojava

Auf Einladung der Kampagne Women Defend Rojava kamen in Leipzig Menschen zusammen, um sich per Livestream nach Rojava über die aktuelle Lage der Selbstverwaltung zu informieren und Fragen zu stellen.

Veranstaltung von Women Defend Rojava in Leipzig

Die Leipziger Lokalgruppe der Kampagne Womend Defend Rojava (WDR) lud auf Mittwochabend zu einer Veranstaltung über die aktuelle Lage in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien ein. Dort stellte sich die Gruppe zu Beginn des Abends selbst vor und erörterte, wie ihr die Frauenrevolution in Rojava Motivation für politische Arbeiten bis nach Leipzig gibt. Per Online-Call dazu geschaltet aus Rojava waren zwei junge Frauen einer aktuell laufenden Delegation von WDR. Sie erzählten davon, wie es zu dieser Delegation gekommen ist und dass ihr Fokus auf dem Besuch von Frauenkooperativen liegt. Außerdem führten sie für alle Anwesenden kurz ein, was unter dem Begriff Rojava (Westkurdistan) zu verstehen ist und dass die Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens ein größeres Gebiet umfasst, nämlich neben den kurdischen geprägten Gebieten auch mehrheitlich arabische Regionen. Ebenso live aus Rojava sprach Nûrşan Hisên, Mitglied des Vorstandes für Diplomatische Fragen der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens. Sie betonte, dass diese Veranstaltung einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Beziehungen zwischen der Revolution vor Ort und solidarischen Kämpfen weltweit darstellt.

In einer breiten politischen Lagenanalyse wurde zu Beginn auf die Situation des sich ausweitenden Dritten Weltkrieges Bezug genommen, welcher nun nicht mehr nur in Rojava militärischen Ausdruck findet, sondern auch in der Ukraine und in Gaza diese Form annimmt. Entgegen der Angriffe wird in der Selbstverwaltung stetig am Aufbau des demokratischen Konföderalismus gearbeitet, trotz der starken jahrelangen Besatzungspolitik der Türkei. Von allen Seiten erfährt die Selbstverwaltung Embargos und befindet sich so in einer Isolation. Gerade diese macht den Wiederaufbau der durch Angriffe im Herbst 2023 zerstörten Infrastruktur nahezu unmöglich. Außerdem sucht sich der faschistische Präsident der Türkei, Erdoğan, aktuell sowohl in Syrien als auch im Irak und der dortigen kurdischen Autonomie-Regierung Verbündete gegen die Selbstverwaltung, um diese von allen Seiten auf unterschiedliche Weise anzugreifen. Neben den Luftangriffen durch Drohnen läuft auch ein Wasserkrieg, in dem die Türkei durch die Kontrolle des Euphrats und Tigris eine künstliche Trinkwasserknappheit jenseits der türkischen Grenze und damit in Rojava, aber auch in ganz Syrien schafft.

Unter diesen Bedingungen ist kürzlich der neue Gesellschaftsvertrag, vorangetrieben von der Jugend, den Frauen und allen dort vertretenen Ethnien, geschrieben worden. Es wird in der Gesellschaft diskutiert, was in der Theorie richtig erschien und nun mit zehn Jahren Praxis besser möglich gemacht wird. Insgesamt wurde immer wieder die Rolle der Frauen und der Jugend in der Revolution in Rojava betont. Diese sind es, die die ersten Reihen stellen, vorangehen und daher auch am stärksten angegriffen werden. Es gibt eine hohe Zahl an Femiziden, die der Krieg gegen die Selbstverwaltung mit sich bringt. Zahlen gibt es keine, denn gerade zu den von der Türkei besetzen Gebieten wie Efrîn, Serêkaniyê und Gîre Spi ist es schwer, Kontakt herzustellen.

Außerdem wurde die Rolle des IS und seiner Mitglieder aus aller Welt thematisiert. Die internationale Staatengemeinschaft übernimmt hier weder Verantwortung in Form der eigenen Rechtsprechung, noch wird auf Vorschläge aus der Region wie einem internationalen Tribunal reagiert. So ist die Selbstverwaltung mit dem Umgang mit diesen Personen und dem damit einhergehenden Gefahrenpotential in den Gefängnissen und vor allem dem Camp Hol auf sich alleine gestellt.

Anschließend wurde eine Ausblick auf die anstehenden Kommunalwahlen, angesetzt sind sie für den 30. Mai, gegeben. Auch hier werden Werte wie Frauenbefreiung und Internationalismus praktisch deutlich gemacht: Es gibt vorab eine Wahl der Frauenstrukturen und es wird international aufgerufen, die Wahl kritisch zu beobachten. Die Selbstverwaltung legt viel Wert auf einen internationalen Austausch über die laufenden Schritte und unterschiedliche Perspektiven darauf. Diese praktische Verbindung hat sich auch in Leipzig an diesem Abend gezeigt, wo es Menschen möglich war, direkte Nachfragen zu stellen und aus Rojava der direkte Aufruf und die Vorfreude über eine Teilnahme an der stattfindenden Revolution ausgesprochen wurden. In der Nachfragerunde wurden die Themen der Frauenwahl, des benachbarten Assad-Regimes, der Rolle der Jugend und der Kultur nochmals beleuchtet. Mit herzlichen Grüßen aus Rojava und beidseitigem Bedanken endete der gemeinsame Abend.