Mit einer symbolischen Sitzblockade demonstrieren diesen Freitag zahlreiche Menschen auf den Straßen rund um Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler II. An ein noch bewohntes Haus hängten Aktivist:innen ein großes Transparent mit der Aufschrift: „1,5°C heißt: Lützerath bleibt!”. 21 Menschen haben in den frühen Morgenstunden die Infrastruktur im Tagebau besetzt. Denn dem Dorf im nordrhein-westfälischen Erkelenz droht mit der heute beginnenden Rodungssaison der Abriss.
Lützerath grenzt an den Braunkohletagebau Garzweiler II. Den will der Energiekonzern RWE vergrößern und dafür mehrere Dörfer abreißen. Bis 2038 sollen nach und nach fünf weitere Dörfer diesem Tagebau zum Opfer fallen. Die NRW-Landesregeirung lässt dies zu, obwohl die Erweiterung mit dem Pariser Klimaabkommen nicht vereinbar ist. Die Zerstörung von Lützerath begann RWE bereits im letzten November.
„Mit der Kohlepolitik im Rheinland wurde ein Boomerang geworfen, der jetzt wieder zurückkommt. Die Politik in Deutschland duckt sich weg, aber der Boomerang fliegt und trifft die Menschen”, erklärte der Bauer Eckardt Heukamp bei einer Pressekonferenz in Lützerath. Heukamp ist der einzige Bewohner des Dorfes, der nicht an RWE verkauft hat. Die meisten Häuser sind schon weg, ihre ehemaligen Bewohner:innen wurden umgesiedelt.
Die Sprecher:innen von Fridays for Future, Greenpeace, Ende Gelände und der Initiative „Lützerath lebt” äußerten sich ebenfalls auf der Konferenz und erklärten, dass sie fest entschlossen sind, das Dorf und damit die 1,5-Grad-Grenze zu verteidigen. Bastian Neuwirth, Klimaexperte bei Greenpeace, fasste zusammen: „RWE droht in Lützerath Fakten zu schaffen, noch bevor eine neue Bundesregierung überhaupt steht und die künftige Klimapolitik beschlossen hat. Wenn es die sondierenden Parteien mit ihren Bekenntnissen zum 1,5-Grad-Limit ernst meinen, dann müssen sie die NRW-Landesregierung jetzt auffordern, die Zerstörung von Lützerath zu stoppen. Die geplante Ausdehnung des Braunkohletagebaus ist mit den Pariser Klimazielen nicht vereinbar.”
Vor Kurzem hat die Klimagerechtigkeitsbewegung im Dorf Lützerath die „ZAD Rheinland“ ausgerufen. „In dieser widerständigen Zone kämpfen wir für unsere Utopie und gegen ein zerstörerisches System”, erklärte Lützerath lebt. ZAD steht für „Zone à Défrendre“, also eine zu verteidigende Zone. „Wir verteidigen Lützerath, denn genau hier verläuft die 1,5-Grad-Grenze. Wie schon im Hambacher Forst stellen wir uns der kapitalistischen Zerstörungswut von RWE entgegen und fordern den sofortigen Kohleausstieg. Jetzt schon sind wir hunderte Menschen vor Ort und wir werden jeden Tag mehr. Wir werden Lützerath unräumbar machen. Wo RWE abreißt, bauen wir unseren Widerstand auf”, so Bente Opitz von der Initiative.
Emilia Lange von Ende Gelände goes Lützerath fügte hinzu, dass der Protest in Lützerath nur einer von vielen Klimagerechtigkeitskämpfen weltweit ist. „Wir solidarisieren uns mit allen die vor uns und mit uns für das gute Leben für alle kämpfen. Und wir fordern, dass die Stimmen der Betroffenen angehört werden und als Entscheidungsgrundlage dienen.“ In dem Sinne solidarisiere sich die Bewegung auch mit der Gruppe „Gegenangriff - für das gute Leben“, die heute Morgen einen Schaufelradbagger und zwei Absetzer im Tagebau Garzweiler II besetzt hat.
Das letzte Wort ergriff Pauline Brünger von Fridays for Future: „Wir wissen, dass eine gerechtere Welt ohne Klimakrise und Ausbeutung möglich ist. Es liegt jetzt in unseren Händen, Lützerath und damit die 1,5-Grad-Grenze zu verteidigen. Fridays for Future Deutschland ist solidarisch mit dem Widerstand in Lützerath und ruft dazu auf, sich der Verteidigung vor Ort anzuschließen.”