Tote bei Ausschreitungen nach Rückzug von Al-Sadr

Bei Ausschreitungen nach dem angekündigten Rückzug des irakischen Geistlichen Moktada al-Sadr aus der Politik sind in Bagdad mindestens zwei Menschen getötet worden. Zahlreiche Demonstrierende wurden zudem verletzt.

Nach dem angekündigten Rückzug des schiitischen Geistlichen Moktada al-Sadr aus der Politik ist es in Bagdad zu Ausschreitungen gekommen. Polizei und Sanitäter berichteten am Montag zunächst von zwei Toten und 19 Verletzten. Augenzeugen sprachen dagegen von mindestens drei Getöteten und dutzenden Verwundeten. Hunderte Menschen hatten zuvor den Regierungspalast in der eigentlich hoch gesicherten Grünen Zone gestürmt. Dort befindet sich unter anderem auch das Büro von Ministerpräsident Mustafa al-Kadhimi. Sicherheitskräfte setzten Tränengas und scharfe Munition ein, um die Demonstrierenden zurückzudrängen. Außerhalb des Regierungsviertels lieferten sich Anhänger von Al-Sadr Straßenschlachten mit Gegnern des Klerikers. Das Militär verhängte eine Ausgangssperre.

Wenige Stunden zuvor hatte Al-Sadr seinen vollständigen Rückzug aus der Politik angekündigt. Via Twitter sagte er, er werde seine politischen Büros schließen. „Ich hatte beschlossen, mich nicht in politische Angelegenheiten einzumischen, aber jetzt kündige ich meinen endgültigen Ruhestand und die Schließung aller Einrichtungen an“, twitterte Al-Sadr. Ausgenommen seien mit ihm direkt verbundene religiöse Einrichtungen. „Wenn ich sterbe oder getötet werde, bitte ich um eure Gebete.“

Al-Sadr begründete seine Entscheidung mit dem politischen Stillstand im Land, das seit der Parlamentswahl im vergangenen Oktober über keine funktionierende Regierung verfügt. Die Sairun-Liste des Geistlichen hatte die Wahl im Oktober gewonnen. Es gelang ihm jedoch nicht, eine Regierung unter Ausschluss seiner vom Iran unterstützten Rivalen um Ex-Regierungschef Nuri al-Maliki zu bilden. Daraufhin zog er im Juni seine Parlamentsabgeordneten ab und forderte Neuwahlen. Al-Sadr wirft seinen Gegnern vor, Aufrufe zu Reformen ignoriert zu haben.

Damit spitzt sich die politische Krise im Irak weiter zu, nachdem die Gefolgschaft von Al-Sadr vor einem Monat bereits in das Parlamentsgebäude eingedrungen war. Auch rund zehn Monate nach der Parlamentswahl können sich die Parteien weder auf einen Präsidenten noch einen Regierungschef einigen, während das Land unter einer Wirtschaftskrise, Inflation und Korruption ächzt. Für den Irak ist es inzwischen die längste Phase ohne amtierende Regierung in der Geschichte des Landes. Das Land erlebt eine der schwersten politischen Krisen seit dem Sturz von Saddam Hussein im Jahr 2003.