Irakischer Aktivist in Bagdad erschossen

Im Irak ist erneut ein Aktivist der Oktoberrevolution getötet worden. Salah al-Iraqi war bekannt für seine führende Rolle innerhalb der im Herbst 2019 initiierten Widerstandsbewegung gegen die politische Elite.

In der irakischen Hauptstadt Bagdad ist am Dienstag ein weiterer Aktivist der Oktoberrevolution ermordet worden. Unbekannte lauerten Salah al-Iraqi in den Abendstunden auf einem Motorrad auf, kurz nachdem er sein Haus im östlich von Bagdad gelegenen Stadtteil Al-Jadida verlassen hatte. Nach Krankenhausabgaben wurden fünf Schüsse auf ihn abgegeben. In seinem letzten Beitrag auf Facebook am Dienstagnachmittag hatte der Iraker noch den „Gefallenen der Oktoberrevolution“ gedacht und geschrieben: „Die Unschuldigen sterben, während die Feiglinge regieren“.

Salah al-Iraqi galt als führendes Mitglied der ab dem 1. Oktober 2019 auf dem zentralen Tahrir-Platz in Bagdad initiierten Proteste gegen den nach 2003 entstandenen korrupten Machtapparat, die sich kurz danach auf andere Städte des Landes ausweiteten. Mehrmals erhielt er Todesdrohungen und überlebte zwei Attentate. An den Demonstrationen beteiligten sich bisher Millionen Menschen. Mindestens 600 Demonstrantinnen und Demonstranten haben seitdem ihr Leben verloren, dutzende Personen, denen führende Rollen bei der irakischen Revolution nachgesagt wurden, sind tödlichen Anschlägen beziehungsweise extralegalen Hinrichtungen zum Opfer gefallen. Etwa hundert Aktivistinnen und Aktivisten sind zudem vom Erdboden verschwunden, ihr Schicksal ist unbekannt.

Der temporäre Ministerpräsident Mustafa Al-Kadhimi, der im Mai an die Macht kam, nachdem die Regierung von Adel Abd al-Mahdi infolge der Proteste zurücktreten musste, hatte sich zwar verpflichtet, Gewalttaten von Demonstrationen fernzuhalten und die Verantwortlichen der Justiz zu übergeben. Doch erst letzte Woche äußerten mehrere lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International und Human Rights Watch, tiefe Besorgnis über „mangelnde Rechenschaftspflicht“ hinsichtlich extralegaler Hinrichtungen an friedlichen Protestierenden. Das Versäumnis der Behörden, die Täter vor Gericht zu stellen, führen die Organisationen darauf zurück, „Jahrzehnte der Straflosigkeit aufrechtzuerhalten und weiter zu verankern“.