Zur Gegenwart und Geschichte von Minbic
Während der türkische Staat die Aufmerksamkeit von Idlib auf Minbic lenken will, wehren sich die Menschen in Minbic gegen eine türkische Besatzung und warnen vor einer Wiederholung der Geschichte.
Während der türkische Staat die Aufmerksamkeit von Idlib auf Minbic lenken will, wehren sich die Menschen in Minbic gegen eine türkische Besatzung und warnen vor einer Wiederholung der Geschichte.
Während der türkische Staat zwischen Russland und den USA hin- und herpendelt, um Minbic (Manbidsch) zu besetzen, geht das Leben in der nordsyrischen Stadt weiter. Nach der „Rückzugsoffensive“ der USA bemühen sich alle Akteure in Syrien um ein besonnenes Vorgehen. Die Türkei hingegen versucht in Moskau und Washington eine Genehmigung für eine Militärinvasion zu bekommen.
Diplomatischer Verkehr
Beim Moskau-Besuch des türkischen Außenministers, des Verteidigungsministers, des MIT-Beauftragten und des Erdoğan-Sprechers wurde der Vorschlag unterbreitet, einen Teil von Idlib im Austausch für einen Teil von Minbic herzugeben. Russland erinnerte jedoch an die zuvor vom türkischen Staat gegebenen Versprechen zu Idlib und möchte die Ergebnisse der Gespräche zwischen der Türkei und den USA abwarten. Am 8. Januar ist ein Besuch von Vertretern des türkischen Staates in Washington geplant. Einen Tag vor diesem Besuch wird John Bolton, der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Trump, in der Türkei erwartet.
Gemeinsame Verteidigung von Minbic
Als Reaktion auf die türkischen Besatzungsandrohungen ist als Ergebnis intensiver diplomatischer Gespräche zwischen der syrischen Regierung und der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien eine gemeinsame Verteidigung in Arima im Westen von Minbic sowie in Dörfern nördlich von Minbic beschlossen worden. Diese Gebiete stehen momentan unter der Kontrolle der syrischen Armee, des Militärrats von Minbic und anderen regionalen Selbstverteidigungskräften. Russland ist in der Region weiterhin als Beobachter präsent.
Militärbewegungen und türkische Propaganda
Seit einigen Tagen sind westlich des Euphrat intensive Militärbewegungen zu beobachten. Während der Militärrat von Minbic zusammen mit der syrischen Regierung eine Verteidigungslinie westlich und nördlich der Stadt aufgebaut hat, zieht der türkische Staat Dschihadisten aus Idlib, Efrîn, Dscharablus, Azaz und al-Bab vor Minbic zusammen. Die türkischen Medien haben mit einer entsprechenden Propagandaschlacht begonnen. Auffällig auf türkischer Seite der Grenze nach Nordsyrien ist eine Truppenkonzentration vor Idlib und Efrîn.
Türkei will die Aufmerksamkeit von Idlib auf Minbic lenken
Unterdessen haben das russische und das syrische Militär mit Luft- und Artillerieangriffen auf Dörfer südlich und südwestlich von Idlib begonnen. In den letzten drei Tagen des Jahres 2018 wurden zahlreiche Stellungen dschihadistischer Gruppierungen bombardiert, für die der türkische Staat als Garantiemacht gilt. Beim Eintritt in das neue Jahr versucht der türkische Staat weiterhin beharrlich, die Aufmerksamkeit auf Minbic zu lenken, während Russland und das syrische Regime den Fokus auf Idlib richten.
Alltagsleben in Minbic
Trotz der akuten Bedrohung durch die Türkei geht das Alltagsleben in Minbic weiter. Die Menschen in der Stadt reagieren jedoch wütend auf die türkischen Besatzungsabsichten. Mihemed Abu Abdullah ist Händler auf dem städtischen Basar und erklärt: „Die Sicherheit in der Stadt hat keine Schwachstellen. Wir leben in Ruhe und Frieden. Die türkischen Drohungen und Militärbewegungen haben einige wirtschaftliche Probleme bereitet, aber die Bevölkerung ist darauf vorbereitet und verhält sich entsprechend.“
Doha Eshriyat vom Kulturkomitee des städtischen Zivilrats macht darauf aufmerksam, dass die Geschichte sich nicht wiederholen darf: „Ein neues osmanisches Sultanat werden wir nicht zulassen. Wir haben uns erst vor gut zwei Jahren vom IS befreit, diese Zeiten dürfen sich nicht wiederholen.“
Celil Khalil Ibrahim, der Ko-Bürgermeister von Minbic, verweist auf die Bemühungen des türkischen Staates, Zwietracht zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu säen: „Seit der Befreiung leben das arabische, kurdische, tscherkessische, turkmenische und alle anderen Völker geschwisterlich in Minbic zusammen. Der türkische Staat will diese demokratische Atmosphäre zerstören.“
Die Geschichte von Minbic
Minbic geriet nach Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2012 unter die Kontrolle der Freien Syrischen Armee (FSA) und wurde 2014 vom „Islamischen Staat“ eingenommen. Am 15. August 2016 wurde Minbic von den YPG/YPJ und dem örtlichen Militärrat befreit.
Noch vor der Befreiung wurde im April 2016 ein Zivilrat gegründet, der zunächst 43 Mitglieder hatte und inzwischen auf 132 Mitglieder angewachsen ist. Alle Bevölkerungsgruppen sind darin vertreten.
Minbic gehört zum Gouvernement Aleppo und befindet sich neunzig Kilometer nordöstlich der Stadt Aleppo. Dscharablus liegt vierzig Kilometer nördlich von Minbic, Kobanê 65 Kilometer östlich und al-Bab 45 Kilometer westlich.
In der Geschichte ist Minbic sieben Mal insbesondere von den Mongolen erobert worden. Die Stadt stand unter assyrischer, arabischer, römischer und osmanischer Herrschaft. Mit der Schlacht, die 1516 in der Stadt stattfand, wurde dem Osmanischen Reich die Tür nach Ägypten und in die arabischen Gebiete geöffnet. Mit dem gleichen Gedanken will der türkische Staat auch heute Minbic besetzen.