Was hat Ankara Russland angeboten, was erhalten?

Im Gegenzug eines Teils von Minbics haben Vetreter der Türkei Moskau einen Teil von Idlib angeboten. Russland hat eine abwartende Haltung eingenommen.

Nachdem der türkische Staatspräsident Erdoğan die USA in den vergangenen drei Jahren immer wieder aufforderte Syrien zu verlassen, brachte ihn die eigentliche Rückzugsentscheidung der USA ins politische Trudeln und er begann zurückzurudern.

Mit der Erklärung der USA „Es ist Zeit, Astana den Stecker rauszziehen“ und der darauffolgenden Entscheidung eines Truppenabzugs geriet die Position der Türkei massiv ins Trudeln, da eine Neubestimmung zwischen den USA und Russland notwendig wurde. Vor diesem Hintergrund zieht die Türkei Truppen vor Minbic zusammen und kündigte eine Invasion an.

Gemeinsame Haltung gegen eine gemeinsame Bedrohung

Mit der Rückzugsentscheidung versuchen sich alle Kräfte in der neuen politischen Atmosphäre in Syrien zu positionieren. Es fanden eine Reihe von diplomatischen Treffen hinsichtlich der Invasionsdrohungen Ankaras statt. In Folge der Gespräche in Qamişlo, Damaskus und Moskau erklärten die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien und die syrische Regierung den türkischen Staat und seine Dschihadisten als „gemeinsame Bedrohung“ und sind zu einer Verständigung über eine „gemeinsame Haltung“ demgegenüber gekommen.

Kritische diplomatische Schritte

Daraufhin wurden Regimekräfte in die Umgebung der besonders von einer Besatzung bedrohten Gemeinde Arima (Erîma) in al-Bab verlegt, um dort gemeinsam mit den Selbstverteidigungskräften der Region, also der Jabhat al-Akrad, dem Militärrat von Bab und dem Militärrat von Minbic zusammenzuarbeiten. 

Dieses Abkommen unter russischer Teilnahme schließt den Norden von Minbic, also bis zum Fluss Sajur, der die Grenze nach Cerablus bildet, ein. Daher wehen über Arima drei Fahnen; die Russische, die Syrische und die von Jabhat al-Akrad.

Diese kritischen diplomatischen Schritte kamen einem Moskaubesuch des türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu, des türkischen Verteidigungsministers Hulusi Akar, des MIT-Chefs Hakan Fidan und des Sprechers Erdoğans Ibrahim Kalın zuvor.

Erklärung des Kremls

Direkt vor dem Besuch der türkischen Abordnung erklärte der Kreml: „Wir bestätigen, dass die Kontrolle von Minbic an das syrische Militär übergegangen ist.“ Diese Erklärung ermöglicht uns, gewisse Rückschlüsse bezüglich der Haltung Russlands, gibt uns aber keine Information darüber, welche Angebote die türkische Delegation an Russland mitgebracht hat. Nach dem eineinhalbstündigen Treffen wurde erklärt, dass es ähnliche Vorschläge wie bei den vorherigen Abkommen mit Russland über Cerablus-Azaz-al-Bab und Efrîn gegeben habe.

Was wollte die türkische Delegation?

Nach aktuellen Informationen hat die türkische Delegation Russland vorgeschlagen, dass „das türkische Militär und die oppositionellen Gruppen drei bis fünf Kilometer ins Zentrum von Minbic vorrücken“, „sich das syrische Militär bis auf drei bis fünf  Kilometer auf das Zentrum von Minbic von Süden her annähert“, „eine neue Regierung in Minbic unter Einschluss des politischen Flügels der FSA gebildet wird“, „die Kurden die Stadt verlassen.“

Was bot die türkische Delegation an?

Die türkische Armee hat demgegenüber Idlib angeboten und erklärt, „man werde ein Vorrücken der Kräfte des Regimes bis auf 15 Kilometer von Süden in Richtung Idlib ignorieren“ und „dem Regime die Kontrolle über die Straße zwischen Minbic-Bab-Aleppo“ übertragen. Außerdem haben arabische Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrein eins nach dem anderen damit begonnen, diplomatische Beziehungen mit Syrien aufzubauen und sogar Saudi-Arabien bereitet sich auf Beziehungen mit Damaskus vor. Es scheint, dass sich die Türkei nun ebenfalls in dieser Hinsicht engagiert.

Was hat Russland geantwortet?

Die russische Delegation verhielt sich vermutlich eher zurückhaltend den Angeboten der Türkei gegenüber, insbesondere nach der Erklärung Ankaras an die USA, sich mit dem Truppenabzug „nicht zu beeilen“ und der Ankündigung, statt russischer S-400 Raketen nun doch Patriots zu kaufen.

Andererseits will Russland auch die Ergebnisse eines Treffens der Türkei mit Washington am 8. Januar abwarten. Darauf weist die zögerliche Haltung Moskaus hin. Russland möchte dem türkischen Staat genau auf die Finger schauen.

Die Fußnoten der Botschaften

Nach dem Treffen erklärte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu: „Wir als Garantiemächte von Astana verteidigen die territoriale Integrität und politische Einheit Syriens und sind gegen alle Bemühungen, die diese bedrohen“. Mit dieser Erklärung versuchte er, bei Russland Vertrauen zu schaffen.

Russlands Außenminister Serge Lawrow erklärte zu den Gesprächen, man sei darüber übereingekommen, sich im Kampf gegen den „Terror“ zu koordinieren. Diese schwammige Aussage ist Ausdruck der abwartenden Haltung Russlands.

Die Patrouillen der USA

Der Rückzugsentscheidung der USA wird immer noch mit Zweifeln begegnet. In Minbic hat die US-Armee sogar in den vergangenen Tagen die Patrouillen erhöht. Die amerikanischen Militärs patrouillierten zuvor nur an der Grenze zum von der Türkei und ihren Milizen kontrollierten Cerablus, führen nun aber auch Patrouillen im Zentrum von Minbic durch. Während die USA nun ihre Bewegungen um Minbic verstärken, entstehen auch manche Zweifel hinsichtlich ihrer Absichten.