Was passiert in Minbic?

Mit dem Näherrücken der Wahlen am 24. Juni setzt der türkische Staat die Stadt Minbic erneut auf seine Tagesordnung. Die Türkei drohte bereits häufiger mit einem Angriff und hat angekündigt, sich mit den USA auf eine „Roadmap“ geeinigt zu haben.

Die Geschäftsviertel von Minbic (Manbidsch) haben ihre lebendige Atmosphäre zurückgewonnen. Gewerbetreibende gehen ihren Geschäften nach und auch die Einwohner der Stadt können in Ruhe einkaufen gehen. Ein Bewohner Minbics ist Ebdulrezaq Casim. Während er seine Einkäufe in sein Fahrzeug lädt, unterhalten wir uns kurz. „Ich weiß nicht wirklich, was gerade los ist, aber ich kann absolut nicht nachvollziehen, weshalb uns die Türkei alle fünf Minuten droht“, sagt Casim.

Minbic wurde vor etwa zwei Jahren befreit. Die Stadt, die 2014 von der Terrormiliz Islamischer Staat besetzt wurde, diente als eines von vielen Koordinierungszentren für unzählige Massaker. Die Dschihadisten, die in direktem Kontakt mit der Türkei standen, exportierten von hier aus ihre blutigen Pläne nach Europa. Die Demokratischen Kräfte Syriens starteten ihre Offensive zur Befreiung der Stadt am 1. Juni 2016 und verkündeten bereits etwa 2,5 Monate später am 12. August die Befreiung Minbics.

Nach Besetzung Efrîns nun auch Minbic im Visier

Nach dem invasiven Angriffskrieg gegen Efrîn ab dem 20. Januar ist nun auch die Stadt Minbic ein weiteres Mal ins Visier des türkischen Staates geraten. Mit dem Näherrücken der Wahlen am 24. Juni häufen sich auch die Drohungen und entsprechende Aussagen aus der Türkei. So erklärte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu Anfang der Woche, mit seinem US-amerikanischen Kollegen Mike Pompeo einen „Fahrplan“ für Minbic beschlossen zu haben. Die Volksverteidigungseinheiten YPG erklärten etwa zeitgleich, dass ihre letzte militärische Beratergruppe aus Minbic bereits abgezogen wurde. Daraufhin hielt der Militärrat von Minbic ein Treffen ab und klärte die Öffentlichkeit über den aktuellen Stand der Dinge auf.

Militärratssprecher Derwiş: Dialog mit Koalitionstruppen

Im Zuge dieser Entwicklungen gab Şervan Derwiş, Sprecher des Militärrats von Minbic, im Gespräch mit ANF an, dass die Situation in der Stadt schwierig sei: „Momentan herrscht in Minbic eine fragile Phase. Als Militärrat von Minbic besteht unsere grundlegende Aufgabe darin, den Frieden und die Sicherheit der Stadt zu gewährleisten und die Grenzen zu schützen. Die Türkei allerdings versucht stets, Chaos zu schaffen. Sowohl wir als auch unsere Partner der Internationalen Koalition gebieten dem Einhalt. Um Stabilität in Minbic zu schaffen, stehen wir in ständigem Dialog mit den Koalitionstruppen und arbeiten gemeinsam für die Stadt.“

Türkisches Terrorklima soll Minbic nicht erreichen

Ebdulrezaq Casim möchte um keinen Preis, dass das vom türkischen Staat in Cerablus geschaffene Terrorklima nach Efrîn nun auch Minbic erreicht. Er wisse, was in Cerablus und in al-Bab vor sich geht. Es seien Gebiete, die sich zu Brutstätten von Diebstahl, Plünderung und anderer Verbrechen entwickelt hätten: „Wir alle wissen nur zu genau, dass es um die Situation in Cerablus und al-Bab schlecht steht. Keinem der Bewohner ist es mittlerweile mehr möglich, in ihrem Zuhause friedlich zu schlafen. Plünderung und Diebstahl ist sehr weit verbreitet. Alle paar Tage treffen auch die bewaffneten Gruppen aufeinander. Wir wollen einfach nicht, dass es in Minbic auch dazu kommt“.

Die Entwicklungen um Minbic werden sich in den nächsten Tagen klären. Militärratssprecher Derwiş sagt ganz klar, dass es keine Veränderungen in der Stadt geben wird. „Wir als Kinder von Minbic wissen nur zu genau, was gut für die Stadt ist und was nicht“, so Derwiş.