Vier Gefallene in Dêrik

Bei dem türkischen Luftangriff auf eine Elektrizitätsstation in Rojava sind vier QSD-Kämpfer ums Leben gekommen, fünf Arbeiter wurden verletzt. Die Städtepartnerschaft Friedrichshain-Kreuzberg – Dêrik fordert eine Positionierung der Bundesaußenministerin.

Bei den zeitgleichen Luftangriffen der türkischen Armee am Dienstagabend auf Şengal, Mexmûr und Rojava sind mindestens neun Menschen ums Leben gekommen. Wie die Pressestelle der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) mitteilt, haben in Dêrik vier Kämpfer ihr Leben verloren. Fünf Arbeiter des bombardierten Elektrizitätswerk Gir Kendal bei Dêrik wurden verletzt. Bei den Gefallenen handelt es sich um Siyamend Efrîn, Xemgîn Efrîn, Şiyar Kobanê und Mihyedîn Dêrik.

Die QSD weisen darauf hin, dass die Bombardierung in Dêrik nach der gescheiterten Erstürmung des Sina-Gefängnisses in Hesekê durch den IS und den zurückgeschlagenen Angriffen der türkisch-dschihadistischen Besatzungstruppen auf Til Temir und Ain Issa erfolgt ist: „Der türkische Besatzerstaat hat bei keinem dieser Angriffe sein Ziel erreicht. Am 1. Februar um 22 Uhr haben türkische Kampfflugzeuge das Elektrizitätswerk Gir Kendal in der Nähe des Dorfes Teqîl Beqîl bei Dêrik bombardiert. Das Werk wurde dabei zerstört, vier Kämpfer, die das Werk schützten, sind gefallen, fünf Arbeiter wurden verletzt.“ Der Luftangriff sei nicht ohne das Wissen der globalen Koalition zur Bekämpfung des IS erfolgt, betonen die QSD. Der türkische Staat profitiere von dem Schweigen der internationalen Mächte.

Städtepartnerschaftsverein fordert Positionierung von Bundesaußenministerin

Der Vorstand des Städtepartnerschaftsvereins Friedrichshain-Kreuzberg – Dêrik fordert angesichts des Luftangriffs Bundesaußenministerin Annalena Baerbock auf, eine klare Position zur Politik der Türkei zu beziehen. In der Erklärung zu der Bombardierung der etwa dreißig Kilometer von Dêrik entfernten Elektrizitätsstation schreibt der Vereinsvorstand: „Feremez Hammo, der ehemalige Bürgermeister von Dêrik, berichtete uns von weiteren Raketenangriffen auf das Dorf Ain Diwar. Im Umland von Dêrik ist auch die Mobile Klinik unterwegs, die von der Frauenstiftung WJAS und uns betrieben wird. Wenige Stunden vor dem Angriff hatte auf dem Gefallenenfriedhof bei Dêrik eine Trauerfeier für zehn beim IS-Angriff auf das Gefängnis in Hasaka gefallene Sicherheitsleute stattgefunden. Fünf der insgesamt 121 bei dem Ausbruchsversuch der IS-Gefangenen aus dem Sina-Gefängnis in Hasaka Gefallenen stammten aus Dêrik. An der Trauerfeier nahmen Tausende Einwohner:innen unserer Partnerstadt teil.“

Makabre Rolle der Türkei

Da auch während der anderthalbwöchigen Kämpfe gegen den IS-Ausbruchsversuch im Gefängnis von Hesekê massive türkische Drohnen- und Artillerieangriffe auf die Infrastruktur Nordostsyriens stattfanden, vermuten Bewohner:innen von Dêrik nach Angaben des Städtepartnerschaftsvereins in den Angriffen eine türkische Unterstützung für den IS: „Denn zeitgleich zu den Angriffen auf die Region Dêrik fanden auch Angriffe auf die Sheba-Region in Nordwestsyrien statt, wo tausende Flüchtlinge aus dem 2018 von der Türkei annektierten Afrin in Flüchtlingslagern leben. Auch im ezidischen Shengal-Gebiet im Nordirak und im nordirakischen Flüchtlingscamp Maxmur gab es am Dienstagabend Angriffe türkischer Kampfflugzeuge. Das Camp Maxmur steht unter UNHCR-Schutz. Dort kamen zwei Menschen ums Leben.“

Türkei destabilisiert die Region

„Anstelle an einer friedlichen Lösung des komplizierten Krieges in der Region mitzuwirken, befeuert die Türkei den Konflikt in Syrien, indem sie dem IS Schützenhilfe gibt. Das ist auch eine Gefahr für Deutschland. Erdogan nutzt die Gunst der Stunde, während die Welt auf die Ukraine und Russland schaut, um im Nahen Osten Fakten zu schaffen und auf Kosten der Bevölkerung Nordsyriens von seinen innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken“, erklärt der Städtepartnerschaftsverein und fordert „insbesondere die Außenministerin Annalena Baerbock auf, eine klare Position zur Politik der Türkei zu beziehen. Es kann nicht sein, bei Menschenrechtsverletzungen aus geopolitischem Kalkül mit zweierlei Maß zu messen. Wir nehmen die Außenministerin beim Wort, in der Außenpolitik die Menschenrechte zum Maßstab ihres Agierens zu nehmen. Wir erwarten, dass sich unsere Außenministerin schützend vor unsere Partnerstadt stellt, wie sie dies in anderen Regionen der Welt auch tut.

Wir sind besorgt um die Sicherheit der Menschen unserer Partnerstadt. Die Bevölkerung möchte nichts weiter als Frieden. Von ihr geht entgegen der türkischen Propaganda nachweislich keine Bedrohung aus. Unsere Solidarität und unser Mitgefühl gilt den Verwundeten und Gefallenen aus Dêrik.“

Fotos: Behaa Mahmoud vom Städtepartnerschaftsverein in Dêrik