Selbstverteidigung: „Du musst aufrichtig, kämpferisch und mutig sein“

Mihemed Emin beteiligt sich trotz einer angeborenen Handfehlbildung an der zivilen Verteidigung von Qamişlo. Er sagt, dass er durch die PKK gelernt hat, was Selbstverteidigung bedeutet. Das erfordere Aufrichtigkeit und Mut.

Mihemed Emin aus Qamişlo ist trotz einer angeborenen Handfehlbildung (Polydaktylie) seit sechs Jahren Mitglied der HPC (Gesellschaftliche Verteidigungskräfte, ku. Hêzên Parastina Civakî) im Autonomiegebiet Nord- und Ostsyrien. Von seinem Leben, seiner körperlichen Einschränkung und seiner Tätigkeit zur Verteidigung der Gesellschaft hat er ANF berichtet.

Emin sagt, dass er den Kampfbegriff erst durch die kurdische Befreiungsbewegung kennengelernt hat: „Das war in den 1990er Jahren, als die PKK'ler Handzettel in Rojava verteilten. Damals haben wir erfahren, was Kämpfen bedeutet. Die Revolution der PKK hat uns viel beigebracht. Dass wir heute immer noch kämpfen, ist dieser Zeit zu verdanken.“

Verteidigung ist die Grundlage des Lebens

Warum er sich den HPC angeschlossen hat, beschreibt Mihemed Emin so: „Als die Revolution von Rojava angefangen hat, war ich in Damaskus. Sobald wir davon hörten, kehrten wir in die Heimat zurück. Einhergehend mit der Revolution lernten wir viele Dinge, so auch die Verteidigung. Unter dem Baath-Regime haben wir nur gearbeitet, um satt zu werden. Das war damals so. Jetzt beschützen wir unsere Familien und unseren Stadtteil.“

Verteidigung sei ein wesentlicher Bestandteil jeglichen Lebens, meint Emin: „Alle müssen sich selbst schützen können. Verteidigung ist eine Aufgabe aller Lebewesen. Der Vogel baut sein Nest an einem geschützten Ort, die Schlange schützt sich mit ihrem Gift. Genauso schützen wir unsere Familien und die Nachbarschaft. Selbstverteidigung hängt mit dem menschlichen Wesen zusammen. Du musst aufrichtig, kämpferisch und mutig sein. Es ist eine freiwillige Tätigkeit. Natürlich treten dabei Schwierigkeiten auf, aber die kann man bewältigen. Man muss daran arbeiten.“

Man muss es nur wollen“

Seine körperliche Einschränkung sei für ihn niemals ein Hindernis gewesen: „Ich habe jede Arbeit gemacht und mich ans Leben geklammert. Ob man etwas kann oder nicht, hängt oft vom eigenen Willen ab. Ein Mensch kann alles schaffen, wenn er es nur will. Ich habe es gewollt und getan. Heute trage ich eine Waffe, um meine Familie und meine Heimat vor allem Schlechten zu schützen.“

Mihemed Emin hat auch seiner Familie beigebracht, was Selbstverteidigung bedeutet: „Meine Kinder zum Beispiel verteidigen sich selbst und ihre kurdische Identität. Sie werden heute in ihrer Muttersprache unterrichtet. Das ist sehr wichtig. Durch die Revolution sind Errungenschaften erkämpft worden, die uns stark gemacht haben. Ich spreche mit meiner Familie und den Nachbarn über die Bedeutung der Fähigkeit zur Selbstverteidigung. Unser Kampf hat mich gestärkt und ich erzähle allen davon.“

Das Autonomiegebiet Nord- und Ostsyrien steht unter der ständigen Bedrohung türkischer Angriffe. Mihemed Emin appelliert daher an die gesamte Bevölkerung: „Unsere Verteidigung ist nicht nur die Aufgabe der QSD, YPG und YPJ. Wir sind mindestens genauso verantwortlich dafür, unser Land zu schützen. Dazu zwingt uns unser Gewissen. Wenn alle zunächst ihr eigenes Haus und danach ihre Nachbarschaft und ihr Wohnviertel schützen, kommt niemand gegen uns an. Niemand hindert uns an der Verteidigung unseres Landes. Deshalb sollten sich alle an den HPC beteiligen.“