Schmutziger Deal zwischen Türkei und Russland vertieft sich

„Mit dem Bestreben, den organisierten Widerstand in Şehba zu brechen, möchte man die türkische Existenz in Efrîn festigen", schreibt Bêrîtan Sarya, unsere Efrîn-Korrespondentin über die Pläne der Türkei und Russlands in Nordsyrien.

Efrîn wurde am 20. Januar dieses Jahres durch Russlands Öffnung des Luftraums von einer Besatzungsoperation heimgesucht und schließlich am 18. März vom türkischen Staat mit seinen verbündeten Milizen besetzt. Da die Besatzung, die infolge eines Zweckbündnisses zwischen der Türkei und Russland begonnen hat, anfangs nicht in geplanter Dauer verlief, hat Russland dem türkischen Staat immer wieder ein Ultimatum gesetzt. Dass trotz der Besatzung Efrîns seit dem 18. März die Zivilbevölkerung unter schwersten Bedingungen ihren Widerstand fortführt und auch die Kräfte der YPG und YPJ innerhalb Efrîns weiterkämpfen, stellt für das schmutzige Bündnis zwischen Russland und der Türkei weiterhin ein Hindernis dar. Mit der Zunahme von Besuchen russischer Delegationen in Efrîn, dem Bau gemeinsamer Beobachterposten, den Plänen zur demografischen Veränderung Efrîns und dem Bestreben, den organisierten Widerstand in Şehba zu brechen, möchte man die türkische Existenz in Efrîn festigen.

Besuche russischer Delegationen in Efrîn haben zugenommen

Vertrauenswürdigen Quellen zufolge haben sich in der vergangenen Woche die Reisen russischer Delegationen nach Efrîn gehäuft. Demzufolge sollen die Delegationen nicht über Syrien, sondern das türkische Hatay eingereist sein. Vergangene Woche sollen es zwei Delegationen gewesen sein. Eine bestand aus 20, die andere aus sechs Personen. Die vielen Besuche dieser Delegationen und der Versuch, diese von der Öffentlichkeit geheim zu halten, beweisen, dass die gegenseitigen Interessen im Rahmen der Besatzung von Efrîn ausgehandelt werden. Russland und das syrische Regime treffen weiterhin Vorbereitungen für eine Operation im Süden Idlibs. Der türkische Staat hingegen trifft Vorbereitungen in Efrîn für eine Operation in Idlib.

Über 60 Tausend Milizionäre wurden nach Efrîn gebracht

Einer der Punkte der Vereinbarung zwischen Russland und der Türkei war, die Milizen an den verschiedenen Orten Syriens in Efrîn zu sammeln, sie gegen die al-Nusra zu nutzen und danach zu entwaffnen. Mit der Besatzung von Efrîn wird dieser Plan nun von beiden umgesetzt. Der türkische Staat hat bislang aus verschiedenen Orten Syriens über 60 Tausend Milizionäre und deren Familien nach Efrîn gebracht. Viele dieser Personen arabischer Herkunft wurden zunächst ins Zentrum gebracht. Später hat man Cindirês und Raco anvisiert. Diese zuvor mehrheitlich von Kurden bewohnten Gebiete beherbergen nun zu 95 Prozent die Familien von arabischen Milizionären aus verschiedenen Orten Syriens. Zudem ist in den Medien auch die Nachricht aufgetaucht, dass ein Camp im Dorf Muhammediye bei Cindirês für die Söldner aus Ost-Ghouta und deren Familien von Seiten des türkischen Staates aufgebaut wird. Dass der türkische Staat bislang niemanden nach Bilbilê brachte und die kurdischen Bewohner vertrieb, zeigt, dass dieser Ort in Zukunft eine andere Rolle spielen soll.

Gemeinsame Beobachterposten und demografische Veränderung

Die demografische Umgestaltung Efrîns stellt bislang die Schlüsselposition des Plans zwischen der Türkei und Russland dar. So wie Russland vom türkischen Staat forderte, die islamistischen Gruppen aus der Umgebung von Damaskus und Orten wie Ghouta zum Rückzug zu bewegen, möchte die Türkei für ihre demografischen Umgestaltungspläne in Efrîn zur Verfestigung ihrer Vorherrschaft die Unterstützung von Russland sichern. Denn nach der Besatzung von Efrîn wurden mehr als 60 Tausend evakuierte Personen aus Ost- Ghouta, der Umgebung Damaskus und Orten wie Homs nach Efrîn und der Plan ins Rollen gebracht.

Während Russland und Türkei in Efrîn den Bau gemeinsamer Beobachterposten planen, haben sie auch eine Übereinkunft in der demografischen Umgestaltung gefunden. Unseren Quellen zufolge gab es in diesem Kontext ein Treffen beider Seiten in Aleppo und die Russen sind auch nach Kefercene in Efrîn gegangen. (…)

Spezialkrieg in Sheba

Die andauernden Treffen zwischen der Türkei und Russland drehen sich aber nicht nur um Efrîn. Die schmutzigen Pläne erstrecken sich auch auf die vertriebene Zivilbevölkerung aus Efrîn in Şehba.

Die Politik des türkischen Staats gegenüber der Vertriebenen in Şehba hat sich auch verändert. Den Quellen zufolge soll dies auf Vorschlag der russischen Delegation passiert sein. Dem Plan zufolge sollen die Menschen aus Efrîn, die sich in Şehba sammeln und organisieren, zerstreut werden. Die Gesellschaft, die trotz Gewalt und Besatzungsdrohungen, Şehba nicht verließ, soll nun mit der Erschwerung ihrer Lebensbedingungen und Spezialkriegsmethoden daran gehindert werden, nach Efrîn zurückzukehren.

Der Plan: Den Widerstand in Şehba zu brechen, um Efrîn zu sichern

An diesem Punkt spielt der nach der Besatzung von Efrîn von Mitgliedern des Kurdischen Nationalrates (ENKS) in Antep gegründete „Afrin-Rat“ als eine Kontra-Struktur im Spezialkrieg eine besondere Rolle. Mit dieser Struktur wird propagiert, die Bedingungen in Şehba seien zu schwer, anstatt dort zu bleiben, solle man zurück nach Efrîn, wo man keinerlei Repression vom türkischen Staat zu befürchten habe.

Mit dem Bruch der organisierten Haltung und Widerstands der ehemals aus Efrîn vertriebenen und in Şehba angesiedelten Bewohner zielt man darauf ab,  Şehba zu räumen und mit Zustimmung Russlands für eine türkische Besatzung vorzubereiten. So möchte man mit der Besatzung von Şehba Efrîn vollständig von den anderen Kantonen trennen, den Widerstand der YPG in Efrîn beenden und eine mögliche Befreiungsoperation der YPG in Efrîn verhindern.