Raqqa: Eine Stadt wird neu geschaffen

Die Bevölkerung Raqqas hat ihre düstersten Jahre unter der Herrschaft des IS erlebt und begann direkt nach der Befreiung mit dem Aufbau eines auf das Zusammenleben der Völker gestützten, freien und würdigen Lebens.

Nach dem Ende der vierjährigen IS-Besetzung begann mit der Befreiung durch die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) der frisch gegründete Zivilrat von Raqqa unverzüglich mit dem Neuaufbau der Stadt. Trotz eingeschränkter Möglichkeiten führte das Wiederaufbaukomitee intensive Arbeit durch. Eine der ersten Aufgaben war die Säuberung der Straßen und Stadtviertel von den vom IS zurückgelassenen Trümmern. Allmählich normalisiert sich das Leben in der Stadt und es sind mittlerweile 140.000 Familien nach Raqqa zurückgekehrt. Der Strom der Rückkehrenden nimmt sogar noch zu.

Die Bevölkerung hat sich organisiert

Vom Zivilrat von Raqqa wurden nach der Befreiung der Stadt 25 lokale Zivilräte gegründet. Dabei ging es einerseits darum zu verhindern, dass es jemals wieder zu einer Besatzung der Stadt kommt und andererseits darum, die Bedürfnisse der zurückkehrenden Bevölkerung zu decken.

Säuberung der Stadt von Trümmern

Das Komitee für den Wiederaufbau begann seine Arbeit mit der Räumung der vom IS überall in der Stadt gelegten Minen. Die Stadt wurde für die Räumungsarbeiten und die Organisierung in 26 verschiedene Gebiete unterteilt. Der Zivilrat von Raqqa stellte dafür entsprechend der eingeschränkten Möglichkeiten Bau- und Reinigungsfahrzeuge. Das Komitee konnte in kurzer Zeit 28 Hauptachsen und fünf Gebiete von den Kriegshinterlassenschaften des IS säubern und hat mit der Räumung der übrigen 21 Gebiete begonnen.

Durch das Komitee wurde auch ein aus 38 Personen bestehendes Notinterventionsteam gegründet. In dem Team befinden sich Ärzte und Spezialisten verschiedener Fachrichtungen. Neben Notfällen widmet es sich der Untersuchung der vom IS angelegten Massengräber. Das Team hat bisher 600 Leichen in der Stadt geborgen.

Das Komitee arbeitet auch an der Lösung von Notfällen der mittlerweile wieder über 250.000 Einwohner starken Stadt.

Trinkwasserprobleme gelöst

Ein in der Stadt gegründetes Komitee von Ingenieuren begann unverzüglich damit, an einer Lösung des Trinkwasserproblems der Stadt zu arbeiten. Es wurden 33 neue Pumpstationen eingerichtet und für die Bevölkerung bereitgestellt. Das Komitee schaffte es, jedes der von 15.000 bis 55.000 Menschen bewohnten Gebiete mit Trinkwasser zu versorgen und errichtete in El-Zehra, El-Mensûr, Abid El-Sefsafî, Til Semin, El-Kalit, Seîda, Elo Kebîe, El-Barûd, El-Hora, El-Widiyan,El-Refi, El-Sifsafa, Meslexê, Hemrat, El-Keramê, und Ebû Wehel völlig neue Pumpstationen. Die Arbeiten an den Pumpstationen in El-Cedîdat ,El-Şahir, El-Simêhat und El-Ednaniye dauern noch an. Das Komitee hat Schulungsprogramme für den Betrieb der Pumpstationen eingerichtet. Außerdem wurden die Wasserleitungen in den Vierteln Meşleb, Haşim Bin Ebdulmelek, Teyar, Heswiye, Mefreq El-Cezrar und El-Romaniye von Grund auf repariert.

Bewässerungskanäle

Das Wiederaufbaukomitee hat vierzig Projekte für Bewässerungskanäle für die landwirtschaftlichen Flächen von Raqqa gestartet. Die Bauarbeiten in den Regionen Hezîma und Tişrîn haben begonnen. Im Rahmen dieses Projektes soll eine Region, in der etwa 30.000 Menschen leben, bewässert werden. Das Komitee hat ebenfalls damit begonnen, 50 vom IS zerstörte Brücken in der Stadt wiederaufzubauen.

Stromleitungen

Ein weiterer Schwerpunkt des Komitees ist der Wiederaufbau der vom IS zerstörten Einrichtungen zum Betrieb des Stromnetzes. Das Komitee begann zuerst mit der Reparatur der elektrischen Verteilerstation in der Region Firûsiyê und arbeitet jetzt an den Leitungen im Süden der Stadt. Nach Abschluss der Arbeit soll eine problemlose Stromversorgung sichergestellt sein. Das Komitee hat außerdem in der Region El-Heşim damit begonnen, Bewässerungskanäle und Leitungen, die zu 27 Dörfern führen, zu reparieren.

Regionalkomitees und Stadtverwaltung

Damit die Arbeiten zum Wiederaufbau der Stadt möglichst schnell abgeschlossen werden können, hat sich der Zivilrat an die Stadtverwaltung gewandt. Die am 10. März 2018 gegründete Selbstverwaltung hat Spezialisten mit der Ermittlung des bestehenden Bedarfs beauftragt.

Die Stadtverwaltung repariert im Moment die Kanalisation. Die Wasserleitungen, mit denen die Häuser und Parks mit Trinkwasser versorgt werden, sind bereits wieder instandgesetzt. Für die Rückkehrenden wurden durch diese Aufgaben Arbeitsplätze geschaffen. Die Stadtverwaltung hat außerdem zusätzliche Dienstleistungsbüros in Dörfern wie Kermê, Hos, Hemrat, Esediye, Kesrat, Hezîme und Kidîran eröffnet. In der Stadt wurden darüber hinaus 67 Bäckereien eröffnet, in denen täglich insgesamt 131.950 Brote produziert werden.

Die Schulen der Stadt

70 Prozent der etwa 400 Schulen wurden vom IS schwer beschädigt. Nach der Erfassung der Schäden durch Ingenieure stellte sich heraus, dass zu Wiederherstellung des früheren Zustands etwa 50 Milliarden Syrische Lira notwendig seien. In der Stadt lebten etwa 400.000 Schüler*innen.

Gesundheitsversorgung

Die größten Krankenhäuser, in denen kostenlose Gesundheitsversorgung angeboten wurde, waren das Krankenhaus Wetenî (Niştimanî) und die Frauenklinik. Beide sind aufgrund der Zerstörungen durch den IS außer Funktion. Seit der Befreiung läuft die Reparatur der Krankenhäuser, sie ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Vom Gesundheitskomitee wurden im Zentrum in Seyf-El-Dewle sowie zur Versorgung der Dörfer im Osten das Xatûniye-Gesundheitszentrum und im Westen das Kermê-Gesundheitszentrum eröffnet.

Darüber hinaus arbeitet der Kurdische Rote Halbmond (Heyva Sor a Kurd) intensiv für die Gesundheitsversorgung in der Stadt. Insbesondere Erste-Hilfe-Leistungen und die notärztliche Versorgung wird von Heyva Sor a Kurd getragen. Außerdem wurde ein mobiles Gesundheitszentrum eingerichtet, das bei der Behandlung der Bevölkerung eine wichtige Rolle spielt.

Auch die Gas-, Zucker-, Baumwolle- und Keksproduktionsstädten in Raqqa waren vom IS zerstört worden. Ebdulah El-Eryan vom Wiederaufbaukomitee berichtet, dass die Arbeit gemeinsam mit der internationalen Koalition gegen den IS geleistet wird.

ANHA