Partnerschaft mit Bücherei in Kobanê

Das Frankfurter Buchhandlungskollektiv „Land in Sicht“ ist eine Kooperation mit der Bücherei „Rodî û Perwîn“ in Kobanê eingegangen. Es ist die erste Bücherei der Stadt, die wenige Monate nach der Befreiung eröffnet wurde.

In Zeiten einer drohenden Militärinvasion der Türkei muss immer wieder daran erinnert werden, warum die Demokratische Föderation Nordsyrien/Rojava das Hauptangriffsziel der Türkei und ihrer islamistischen Helfershelfer ist. Denn der Angriff auf Efrîn, Kobanê oder Cizîrê ist ein Angriff auf eine Revolution, die es geschafft hat, dass die unterschiedlichen Ethnien und Religionen dort friedlich zusammenleben. Die verschiedenen Kulturen und Muttersprachen dürfen sich endlich entfalten, die Frauen, Kinder und Jugendlichen nehmen in der Gesellschaft ganz neue Rollen ein, vieles ist in Bewegung, die autoritären und patriarchialen Strukturen werden grundsätzlich in Frage gestellt. Ebenso die Vorherrschaft einer Partei, einer Religion, einer Ethnie und einer Sprache.

Das ist es, was Islamisten nicht ertragen können und weswegen den Kurd*innen und allen, die sich der Demokratischen Föderation Nordsyrien angeschlossen haben, kein Frieden vergönnt ist.

Rojava und die Revolution manchen noch immer völlig unbekannt

In Schaufenster eines Frankfurter Buchladens werden Fotos zu JINWAR, dem Frauendorf in Nordsyrien/Rojava, zur Bibliothek von Adnan Hasan in Kobanê und Literatur zu Kurdistan präsentiert. Bereits jetzt gibt es sehr positive Reaktionen der Stammkundschaft der Buchhandlung Land in Sicht und auch Passantinnen und Passanten bestaunen das liebevoll gestaltete Schaufenster. Noch immer ist der Begriff „Rojava“ und die Revolution, die in Nordsyrien stattfindet und verteidigt werden muss, manchen völlig unbekannt.

Erste Bücherei in Kobanê nach dem IS: Rodî û Perwîn

Im Mai 2016 wurde in der nordsyrischen Stadt Kobanê, die sich im Februar 2015 vom IS befreit hat, die erste Bücherei unter dem Namen Rodî û Perwîn eroffnet. Sie soll auch als Veranstaltungsort für Seminare, Diskussionen und Kulturveranstaltungen dienen. Mit Unterstützung der Selbstverwaltung haben Jihan und Adnan Hasan bislang mehr als 1000 Bücher unterschiedlicher Genres, einschließlich Romane, Dichtung, Kurzgeschichten in kurdischer Sprache und Bücher über kurdische Geschichte, Philosophie und Soziologie zusammengetragen.

Rodî und Perwîn wurden vom IS ermordet

Den Namen ihrer Verwandten Rodî û Perwîn wählten Jihan und Adnan Hasan, weil Rodî und Perwîn den Traum von einer kurdischen Bücherei und einem Kulturzentrum träumten, als dies unter dem Assad-Regime noch völlig undenkbar war. Bevor sie ihren Traum verwirklichen konnten, wurden sie vom IS ermordet.

Am 25. Juni 2015 drangen IS-Leute, die sich mit YPG-Uniformen getarnt hatten, nach Kobanê ein, entführten mehr als 100 Menschen und ermordeten mindestens 154 Zivilisten. Sie drangen auch in das Haus von Hasan Adnan ein, der zu der Zeit unterwegs war und ermodeten elf Mitglieder seiner Familie, unter ihnen auch Schwester Perwîn und seinen Schwager Rodî. Als Adnan heimkehrte, fand er seine vom IS massakrierten Angehörigen, dort hatte ein regelrechtes Gemetzel stattgefunden, es sah aus wie in einem Schlachthaus, berichtete Adnan.

Haus der Familie nun Gedenkstätte an das Massaker

Adnan entschloss sich trotz dieses furchtbaren Erlebnisses, im Haus der Familie zu bleiben, um es als Gedenkstätte an das Massaker vom 25. Juni zu nutzen und gleichzeitig die Kulturarbeit zu leisten, mit der sich die Gesellschaft weiter entwickeln kann, um die Werte der Revolution in Rojava hochzuhalten, zu denen auch das Recht auf Bildung in der Muttersprache gehört. Heute sind in einem Raum Bilder und Fotos der Familie ausgestellt, in den anderen Räumen eröffnete Adnan die Bücherei, die er systematisch erweitert. Das Frankfurter Buchhandlungskollektiv von „Land in Sicht“ war von der Geschichte Adnans so berührt, dass es ihm einen Brief geschrieben und eine Kooperation mit der Bücherei in Kobanê erklärt hat.

Partnerschaften mit Rojava

Der Wunsch, Projekte in der Demokratischen Föderation Nordsyrien durch eine Partnerschaft materiell und ideell zu unterstützen, wird inzwischen von zahlreichen Initiativen und Vereinen in Deutschland verfolgt. So unterhalten beispielsweise zwei Oldenburger Schulen eine Schulpartnerschaft mit Kobanê. Der Verein „Städtefreundschaft Oldenburg-Efrîn“ will den gesellschaftlichen und kulturellen Austausch zwischen den Menschen in Oldenburg und den Menschen der nordsyrischen Stadt und des Kantons Efrîn fördern. Die Kinder eines Frankfurter Kindergartens pflegen den Kontakt mit Kindern aus Kobanê. Der Berliner Bezirk Kreuzberg-Friedrichhain ist eine Städtepartnerschaft mit Dêrik eingegangen und in Frankfurt gibt es ebenfalls einen Verein, der das Ziel einer Städtepartnerschaft mit Kobanê verfolgt, um nur einige Beispiele zu nennen.
Alle sind eingeladen, im Buchladen vorbei zu gehen, sich das Angebot anzuschauen, vielleicht ein paar Geschenke zu kaufen und die vorgestellten Projekte zu unterstützen.

Buchladen „Land in Sicht“, Rotteckstr. 13, 60316 Frankfurt.