OLG Stuttgart verurteilt 70-Jährigen wegen PKK-Mitgliedschaft

Der Kurde Emin Bayman ist vor dem OLG Stuttgart zu einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden – weil er Mitglied der PKK sein soll. Die Anklagepunkte lauteten unter anderem auf Zeitungsverkäufe und die Organisierung von Veranstaltungen.

Ein Jahr und zehn Monate Freiheitsstrafe

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat den kurdischen Aktivisten Emin Bayman wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Der 6. Strafsenat sah es am Montag als erwiesen an, dass der 70-Jährige zwischen 2015 und 2021 verschiedene „PKK-Räume“ in Baden-Württemberg geleitet habe. Deshalb wurde Bayman wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer „terroristischen“ Vereinigung im Ausland nach §§ 129a, 129b StGB verurteilt.

Konkret warf die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart Bayman vor, er habe nach Weisung eines ihm übergeordneten „PKK-Gebietsverantwortlichen“ unter anderem Veranstaltungen und Demonstrationen organisiert, Spendensammlungen koordiniert, Zeitschriften an Kurd:innen verkauft und eingenommene Gelder an höherrangige PKK-Funktionäre weitergeleitet. Eine individuelle Straftat wurde ihm – wie in den allermeisten Verfahren wegen PKK-Mitgliedschaft – nicht zulasten gelegt. Möglich war das Strafverfahren, weil das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) 2019 eine für die Verfolgung nach § 129b StGB erforderliche Einzelermächtigung erteilt hatte.

Scharfe Kritik von AZADÎ

Der Kölner Rechtshilfefonds AZADÎ kritisierte das Verfahren vor dem OLG Stuttgart: „Der Zeitraum, aufgrund dessen Bayman heute verurteilt wurde, begann vor mehr als zehn Jahren. Wenn sein Verhalten so gefährlich gewesen sein soll, dass man ihn schließlich als ‚Terroristen‘ verurteilt, warum haben ihn die Sicherheitsbehörden dann über sechs Jahre gewähren lassen? Seitdem sind weitere vier Jahre vergangen und demnächst soll ein 70-Jähriger für ein Jahr und zehn Monate ins Gefängnis gehen, weil er Mitglied einer Organisation gewesen sein soll, die heute ihre Selbstauflösung angekündigt hat?“, erklärte der Kölner Verein in einer Stellungnahme.

Verteidigung will in Revision gehen

Die komplette Strafverfolgung der PKK durch Bundesanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaften, die Urteile des BGH und der OLG in solchen Verfahren, und die Verfolgungsermächtigungen des BMJV – all das seien „Hindernisse für einen Friedensprozess in Kurdistan und eine gesellschaftliche Partizipation der kurdischen Community in der Bundesrepublik, betonte AZADÎ. „Auch hier braucht es ein mutiges Umdenken der politischen Entscheidungsträger:innen und der Justiz, wollen sie nicht reaktionärer als das AKP-Regime im Umgang mit der kurdischen Frage sein.“

Emin Baymans Verteidigung kündigte derweil an, Revision gegen das Urteil einzulegen. In Untersuchungshaft befindet er sich nicht.