Minbic: Wir wollen den türkischen Staat genauso wenig wie den IS!

Menschen aus Minbic errichteten in der Stadt einen Gefallenenfriedhof. „Wir wollen die Unterdrückung durch die Türkei genauso wenig wie die durch den IS“, erklärten sie.

Gefallenenfriedhöfe zu errichten sind eine der Methoden, mit denen Gesellschaften ihren Toten, insbesondere für diejenigen, die für sie gekämpft haben, Respekt erweisen und an sie erinnern. Daher greift der türkische Staat – ebenso wie der IS – die Gefallenenfriedhöfe an, um den Gesellschaften zu vermitteln, dass ihnen deren Werte nichts bedeuten.

Die Friedhöfe von Minbic wurden ab dem 14. Januar 2014, als die Besatzung durch den IS begann, zerstört. Seit dem 6. Januar 2016, nachdem der Militärrat von Minbic und die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) im gemeinsamen Kampf mit der internationalen Anti-IS-Koalition in der Faysal-Abu-Leyla-Offensive Minbic befreit hatte, wurden sowohl die Friedhöfe repariert, wie auch ein eigener Gefallenenfriedhof errichtet. Auf diesem wurden zunächst die Gefallenen der Raqqa- und Tabqa-Offensive bestattet wurden. Nach und nach wurden auch die Leichname der Befreiungsoperation von Minbic nach dort umgebettet.

Obwohl die Bevölkerung nun ganz offen ihren Gefallenen Respekt zollen kann, sind auch diese Friedhöfe wieder bedroht. Denn genauso wie der IS greift auch die Türkei gezielt Friedhöfe an. Die Bevölkerung von Minbic hat die Angriffe der Türkei auf Guerillafriedhöfe in Nord- und Südkurdistan wie auch die Bombardierung des Gefallenenfriedhofs von Efrîn deutlich wahrgenommen.

Am 2. April hatten wir die Gelegenheit, den Gefallenenfriedhof von Minbic zu besuchen. Wir konnten sehen, wie die Gefallenen aus der Befreiungsoffensive von Minbic bestattet wurden und haben die Meinungen der Friedhofsbesucher*innen zu den selbst gegen die Toten gerichteten Drohungen des türkischen Staates eingeholt.

Wir haben unseren Gefallenenfriedhof mit der Befreiung von Minbic eingerichtet“

Kifâya Ali, aus dem Vorstand des Vereins der Familien der Gefallenen von Minbic, erklärt uns, dass der Gefallenenfriedhof nach der Befreiung von Minbic errichtet wurde und fährt fort: „Im Moment haben wir etwa 150 unserer Gefallenen auf unserem Friedhof. Die Gefallenen auf diesem Friedhof sind alle Kinder von Minbic. Wir haben unsere Gefallenen aus den Offensiven auf Raqqa und Tabqa hier bestattet. Wir bringen auch Gefallene von vorher hierher. Denn früher, als der IS hier war und während des Krieges, gab es hier keinen Gefallenenfriedhof. Deshalb hatten wir unsere Gefallenen an verschiedenen Orten begraben und versteckt. Aber nach der Befreiung von Minbic haben wir unsere Gefallenen von den verschiedenen Orten hierher gebracht und sie auf diesem Friedhof bestattet. Aber so wie der IS in der Vergangenheit unsere Gräber zerstört hat, haben wir gesehen, wie die Türkei die Gefallenenfriedhöfe in Efrîn zerstört hat. Wir wollen die Türkei nicht in Minbic. Denn wir wissen, dass sie nicht anders sind als der IS.“

Wir akzeptieren die Türkei nicht“

Kevser Hamo erzählt, dass die Gefallenen von Minbic früher in Mellawi bestattet worden seien: „Nachdem wir unseren Gefallenenfriedhof eingerichtet hatten, haben wir damit begonnen, unsere Gefallenen auch hierher zu bringen. Wir sind nun mit dem Friedhof hier fertig. Das ist sehr gut, wir kommen alle hierher und besuchen unsere Gefallenen. Wir sind glücklich, dass wir unseren Gefallenenfriedhof gebaut haben.“ Zu den Zerstörungen der Friedhöfe fährt Hamo fort: „Der Mensch ist gestorben und das war es. Man kann den Toten nichts mehr antun. Was will man erreichen, indem man die Gräber zerstört? Es gibt die Lebenden, wir leben. Sie haben Gefallenenfriedhöfe zerstört, aber wir leben alle. Wir werden den Platz der Gefallenen einnehmen und die Friedhöfe neu aufbauen. Wir akzeptieren es nicht, dass die Türkei in Minbic eindringt. Mein Ehemann und mein Sohn sind in Kobanê gefallen, einen anderen meiner Söhne hat der IS mitgenommen. Nur weil wir Kurd*innen waren. Heute geht es uns in Minbic gut. Araber*innen, Kurd*innen, Tscherkess*innen, Turkmen*innen, es gibt keinen Unterschied. Wir sind alle wir. Wir lieben dieses Leben, nicht den türkischen Staat.“

Wir wollen die Unterdrückung des IS durch den türkischen Staat nicht nochmal erleben“

Muhammed Ali Baş aus Minbic erzählt uns, dass sein Neffe auf dem Gefallenenfriedhof bestattet wurde und sagt: „Der IS hat in Minbic vielen Menschen die Köpfe abgeschnitten. Nachdem die Demokratischen Kräfte Syriens Minbic befreit hatten, ist Ruhe eingekehrt. Aber jetzt wird Minbic von der Türkei bedroht. So wie die Türkei Efrîn zerstört und die Menschen ermordet hat, so wollen sie es jetzt in Minbic machen. Wir wollen nicht, dass die Türkei hierherkommt und uns genauso wie der IS es getan hat wieder unterdrückt.

Wir haben all die Gefallenen im Kampf gegen den IS gegeben und wollen nicht, dass der IS durch die Türkei nun wieder nach Minbic kommt. Sie haben Efrîn zerstört. Wenn die Türkei nach Minbic kommt, wird sie Minbic zerstören. Wir wollen die Türkei nicht.“