Weil er auf Newroz-Feiern kurdische Lieder gesungen hat, ist der Künstler Kasım Taşdoğan in der Türkei zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Dem Urteil eines Strafgerichts in Izmir zufolge handele es sich bei den beanstandeten Songs nicht um gewöhnliche Lieder, sondern „Instrumente für Terrorpropaganda“. Dafür würden die Songtexte sprechen, so die Bewertung des Gerichts. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Bei den inkriminierten aber völlig legalen Liedern handelt es sich „Ronah û Berîvan“, „Hatin“ und „Serhildan jiyan e“. Taşdoğan soll sie laut Gericht bei zwei Newroz-Feiern im vergangenen Jahr in der kurdischen Stadt Qers (tr. Kars) sowie in Çanakkale, einer Küstenstadt in der Marmara-Region, gesungen haben. Wenige Wochen später erhob die Generalstaatsanwaltschaft Izmir Anklage. Der Vorwurf: „Propaganda für eine terroristische Vereinigung“ – gemeint ist die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).
Im März vergangenen Jahres wurde Taşdoğan in erster Instanz freigesprochen. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das Singen der Stücke – selbst wenn durch sie der bewaffnete Widerstand verherrlicht oder von Gefallene der kurdischen Befreiungsbewegung gewürdigt werden – von der Meinungsfreiheit gedeckt sei und kein strafrechtlich zu sanktionierendes Verhalten vorgelegen habe.
Das ließ die Staatsanwaltschaft nicht gelten. Die Behörde ging in Revision und ein übergeordnetes Berufungsgericht kassierte den Freispruch. Anschließend verurteilte es Kasım Taşdoğan für jeden der drei Songs zu jeweils zehn Monaten Haft. Der Künstler will sich aber nicht demovivieren lassen. Er sieht in dem Urteil ein Bekenntnis der Justiz zum „antikurdischen System“ und will darauf mit einer „Steigerung der Qualität“ seiner Kunst antworten.