Hol nach der Befreiung

Drei Jahre sind seit der Befreiung von Hol vergangen. Nach der Schreckensherrschaft des IS gelangen den Menschen in der strategisch bedeutsamsten Stadt an der syrisch-irakischen Grenze große Schritte in Richtung Demokratisierung.

Die Kleinstadt Hol im nordsyrischen Kanton Hesekê stellte einen Ort von besonderer strategischer Bedeutung für den sogenannten Islamischen Staat (IS) dar, da über diese Region die Versorgungslinien für grenzüberschreitende Angriffe der Terrormiliz liefen. Die Stadt wurde mit einer Offensive der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), die am 13. November 2015 begann, befreit. Hol, auch al-Haul genannt, wandelte sich in den vergangenen drei Jahren vom Zentrum der Schreckensherrschaft des IS zu einem Brennpunkt der Demokratisierung der Region. Trotz der beschränkten Möglichkeiten wurden in den Bereichen Bildung, Dienstleistung und Selbstverwaltung große Schritte gemacht. Die Kleinstadt ist mittlerweile zu einem Symbol der Selbstorganisierung geworden.

Selbstverwaltete Stadt

Die Selbstverwaltung der Stadt wurde am 4. Juni 2016 nach dem Prinzip des Ko-Vorsitzes gegründet. Das bedeutet, der überwiegend arabischen Stadt stehen ein Mann und eine Frau als gewählte Bürgermeister*innen vor. Die Stadtverwaltung machte innerhalb kurzer Zeit wichtige Schritte zur Verbesserung der Infrastruktur und der Dienstleistungen. So ließ sie in kurzer Zeit alle Wege asphaltieren, verlegte Stromleitungen, eröffnete öffentliche Bäckereien und baute die Wasserversorgung für die Landbevölkerung aus. Außerdem wurde der vom IS zerstörte Park im Zentrum wiederhergestellt und die Infrastruktur neu organisiert.

Rätesystem – fast hundert Kommunen aufgebaut

Zur Organisierung der gesellschaftlichen und institutionellen Arbeiten wurde in Hol ein Rat gegründet. Dieser Rat besteht aus Komitees für Bildung, Jugend, Gesundheit, Verteidigung, Frieden und Gerechtigkeit, gesellschaftliche Aufgaben und Kunst- und Kultur. Unter dem Dach des Rates wurden etwa einhundert Kommunen, also Rätezusammenschlüsse von bis zu 150 Haushalten, in den verschiedenen Stadtvierteln aufgebaut. Die Komitees haben in den vergangenen drei Jahren entscheidende Fortschritte gemacht.

Komitee für Frieden und Gerechtigkeit

Das Friedens- und Gerechtigkeitskomitee besteht aus sieben Mitgliedern. Newaf Mihemed vom Komitee berichtet, man habe in den vergangenen drei Jahren hunderte Fälle lösen können. Das Komitee löst die Fälle mit dem Ziel, das gesellschaftliche Gewissen zu beruhigen und stützt sich dabei auf die Zustimmung beider Konfliktparteien.

Bildung

Von 80 Schulen in der Kleinstadt wurden 15 vom IS als militärisches Trainingsgelände genutzt und vollständig zerstört. Direkt nach der Befreiung wurde in Hol mit der Bildungsarbeit begonnen. Nach Angaben von Salih Hisên aus der Leitung des Bildungskomitees besuchen derzeit 6.000 Schülerinnen und Schüler den Unterricht. Das Bildungskomitee für eine Demokratischen Gesellschaft (KPC-D) hat auf der Grundlage von demokratischen Werten erstelltes Schulmaterial in der eigenen Muttersprache an alle Schüler in Hol verteilt. Der Unterricht wird von einem ausgebildeten und erfahrenen Lehrerkollegium geleistet.

Darüber hinaus hat das Komitee Bildungsprogramme eröffnet, um die Aufmerksamkeit gegenüber Spezialkriegsoperationen zu stärken. Der Ko-Vorsitzende des Kreisrates von Hol, Emar Mûsa, berichtet, dass zur Organisierung der Institutionen und Räte ein aus zwanzig Einheiten bestehendes einmonatiges Bildungssystem eingerichtet worden ist.

Frauenbefreiung

Während der Besatzung durch den IS waren Frauen in schwarze Vollverschleierung und ihren Häusern eingesperrt. Nun spielen Frauen eine Führungsrolle in allen Einrichtungen und Institutionen der Selbstverwaltung. Der Dachverband der kurdischen Frauenbewegung Kongreya Star hat außerdem ein Frauenzentrum in Hol eröffnet.

Unter der Führung von Kongreya Star wurden viele Bildungsprogramme angeboten, um die gesellschaftliche Verbreitung von Geschlechtergleichheit zu gewährleisten. Meysa Al-Ahmad von der Kongreya Star berichtet: „Die Frauen standen aufgrund der gesellschaftlichen Kultur immer hinten an. Statt in ihren Häusern gefangen zu sein, führen sie heute die Gesellschaft an.“

Gesundheit

Um die Gesundheitsversorgung in Hol voranzubringen, wurden Apotheken eröffnet. Im Moment wird ein Gesundheitszentrums aufgebaut, damit die Menschen nicht mehr gezwungen sind, für eine Behandlung nach Hesekê zu reisen.

Hilfe für Schutzsuchende

Als der IS im Jahr 2014 Mosul besetzte, fand eine starke Migration aus der Region statt. Heute befinden sich im Flüchtlingscamp bei Hol etwa 36.000 Flüchtlinge aus dem Irak und weitere 5.000 aus Syrien.

Nach der Vertreibung der Terrormiliz aus der Region ist in den vergangenen drei Jahren nun endlich Ruhe eingekehrt. Die Einwohner*innen von Hol haben die dunklen Zeiten hinter sich gelassen und führen ein gemeinsames Leben auf demokratischer Grundlage.