Türkische Angriffe auf Friedenswache
Die Angriffe der Türkei und ihrer Proxytruppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA) auf Teilnehmende der Mahnwache am Tişrîn-Damm haben 21 Todesopfer in der nordostsyrischen Zivilbevölkerung gefordert. Zudem wurden 203 Menschen verletzt, darunter Frauen, Sanitäter:innen und Journalist:innen. Bei den Angaben handelt es sich um durch das Gesundheitskomitee der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) bestätigte Opfer. Bisher waren die Behörden noch von weniger Verletzten ausgegangen. Das habe daran gelegen, dass einige Menschen zunächst nicht erfasst wurden, weil die Zustände bedingt durch die Angriffe unübersichtlich waren oder sie sich erst später gemeldet hätten.
Die Mahnwache an der Tişrîn-Talsperre südöstlich von Minbic hatte am Mittwoch vor zwei Wochen begonnen. Die an der friedlichen Aktion beteiligten Menschen verlangen, dass die Türkei und die von ihr gesteuerte SNA sich aus Syrien zurückziehen und ihr Vorgehen gegen die DAANES und die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) einstellen, die seit mehreren Jahren die Dammanlage kontrollieren beziehungsweise verteidigen. Seit dem Sturz des syrischen Ex-Diktators Baschar al-Assad Anfang Dezember befindet sich die lebenswichtige Versorgungsanlage im Visier einer Besatzungsoffensive der türkischen Armee und ihrer Söldner.
Unterdessen dauert die Friedenswache am Tişrîn weiter an. Die Aktion wird rotierend durchgeführt, mehrere Tage am Stück beteiligen sich einige hundert Menschen aus verschiedenen Regionen der DAANES an der Initiative. An diesem Freitag haben Bewohnende aus der ostsyrischen Region Deir ez-Zor sowie aus Tabqa und Raqqa die Mahnwache übernommen. | Foto: ANHA
Deren Ziel ist es, die QSD von der Westseite des Euphrat zu verdrängen, um das östlich davon gelegene Kobanê leichter angreifen zu können. Seit mittlerweile sechs Wochen die Talsperre bereits außer Betrieb, fast eine halbe Million Menschen in Minbic, Kobanê und anderen Gebieten der DAANES haben keinen Zugang zu Strom und Wasser. Zudem droht aufgrund schwerer Schäden durch türkischen Beschuss ein Dammbruch – der eine Katastrophe mit Auswirkungen bis in den Irak auslösen könnte. Zahlreiche Appelle der Selbstverwaltung an die internationale Staatengemeinschaft, gegen die Aggression der Türkei zu handeln, stießen bisher aber auf taube Ohren.
Ignorierte Kriegsverbrechen
Dabei ist die gezielte Tötung von Zivilpersonen sowie die bewusste Zerstörung von Infrastruktur und zivilen Objekten nach dem humanitären Völkerrecht und dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) als Völkermord einzustufen. Dort heißt es, dass die vorsätzliche Schaffung von Bedingungen, die die physische Vernichtung einer Gruppe als Ganzes oder in Teilen zum Ziel hat, als Völkermord gilt. Die Türkei scheint grünes Licht für Kriegsverbrechen in Rojava beziehungsweise Nord- und Ostsyrien sowie anderen kurdischen Gebieten zu haben.