Enklave des Widerstands: RIC veröffentlicht Şehba-Dossier

Das Rojava Information Center hat ein Dossier mit Informationen über die nordsyrische Region Şehba veröffentlicht. Der selbstverwaltete Kanton ist eine Enklave des Widerstands zwischen türkischer Besatzungszone und syrischem Regimegebiet.

Das Rojava Information Center hat ein Dossier mit Informationen über die nordsyrische Region Şehba veröffentlicht. Der Bericht Overcoming the Siege: Shehba Region Beyond the Refugee Camps umfasst 46 Seiten und zeigt die aktuelle Situation in den selbstverwalteten Camps für Geflüchtete aus Efrîn. Ungeachtet der ständigen Angriffe und des Embargos erhalten die Menschen in Şehba nur unzureichend und unregelmäßig Hilfe von außen. „Dieser Bericht soll die Öffentlichkeit erreichen und insbesondere die zuständigen Behörden und Institutionen ermutigen, nachhaltige Lösungen für den bewaffneten Konflikt in Syrien zu finden“, schreiben die Verfasser:innen im Vorwort.

Das Rojava Information Center (RIC) ist eine unabhängige Medienorganisation mit Sitz in Nord- und Ostsyrien. Die Mitarbeiter:innen stammen sowohl aus der Region als auch aus Europa und Nordamerika und stellen Journalist:innen ihre Rechercheergebnisse für eine objektive Berichterstattung über Rojava zur Verfügung.

Das Dossier enthält detaillierte Angaben über die Geschichte und die aktuelle Lage in Şehba. In der Einleitung heißt es:

Überwindung der Belagerung: Die Region Şehba jenseits der Flüchtlingscamps

Die Region Şehba ist ein weiteres Beispiel für das Fehlen einer Lösung für den syrischen Bürgerkrieg und die damit verbundenen Folgen. Der Schwebezustand, in dem sich die Region befindet, ist das Ergebnis der Entwicklung des Krieges, aber auch der Bestrebungen für ein demokratisches Syrien. Die Region war Schauplatz aufeinander folgender Kämpfe zwischen der Syrischen Arabischen Armee, der Freien Syrischen Armee (FSA), dem IS und den QSD. Im Februar 2016 begann sich der Kanton Şehba, der zur Autonomen Verwaltung Nord- und Ostsyriens (AANES) gehört, von den vorangegangenen Kämpfen zu erholen, doch der Einmarsch der türkischen Armee und ihrer Stellvertreter-Milizen der Syrischen Nationalarmee (SNA) in den benachbarten, zur AANES gehörenden Kanton Efrîn im Jahr 2018 zwang schätzungsweise 300.000 Menschen, die Region zu verlassen. Von diesen bleiben mehr als 100.000 Binnenvertriebene im Kanton Şehba und warten darauf, eines Tages nach Efrîn zurückzukehren. Aktuell leben noch 10.221 Binnenvertriebene in fünf Flüchtlingslagern in der Region Şehba.

Derzeit leidet die Bevölkerung unter einer doppelten Bedrohung: Im Norden beschießen die von der Türkei unterstützten SNA-Milizen die Dörfer und Städte, begleitet von türkischen Drohnenangriffen; im Süden verhängt die syrische Regierung eine strenge Belagerung, die die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern wie Treibstoff, Medikamenten und Industriematerialien erschwert oder sogar unmöglich macht.

Neben diesen harten Bedingungen ist die Region Şehba auch ein Beispiel für demokratische Widerstandsfähigkeit geworden. Ausgehend von den Lagern haben die Binnenvertriebenen in den letzten fünf Jahren ihre Lebensbedingungen fast ohne Hilfe von außen verbessert. Fast alle NGO, die sie nach dem Efrîn-Krieg unterstützt haben, sind inzwischen verschwunden. Auch in den Bereichen Infrastruktur, Gesundheit, Bildung und Wirtschaft ist eine schrittweise Entwicklung zu verzeichnen, die jedoch bei weitem nicht ausreicht, um alle Bedürfnisse dieser engen Exklave zu decken. Ungeachtet des Embargos zeigen neue Genossenschaften, Institute und Krankenhäuser, dass die Menschen in der Region Şehba nicht nur überleben, sondern auch das demokratische Projekt weiterentwickeln wollen, für das sie seit 2011 gekämpft haben.