Ehemaliger französischer Bildungsminister besucht AANES

Eine Abordnung unter Vorsitz des früheren französischen Bildungsministers Jean-Michel Blanquer hat die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien besucht, um sich ein Bild von der Lage nach der türkischen Angriffswelle vom Oktober zu machen.

Eine Abordnung unter Leitung des früheren französischen Bildungsministers Jean-Michel Blanquer hat die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien bereist, um sich ein Bild von der Lage nach der jüngsten Angriffswelle der Türkei zu machen. Die türkische Armee hatte im Oktober über mehrere Tage eine sogenannte Luft- und Bodenoffensive gegen das nordostsyrische Autonomiegebiet verübt und weite Teile der Infrastruktur zerstört. Die Delegationsreise der französischen Abordnung soll die Planung neuer Hilfsprojekte erleichtern, teilte die Selbstverwaltung (AANES) mit.

Begleitet wurde Blanquer bei seinem Besuch im Nordosten von Syrien von dem französischen Autor Patrice Franceschi sowie dem Vertreter der AANES in Frankreich, Khaled Issa. Wie es hieß, fand die Reise auf ausdrücklichen Wunsch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron statt. Im Rahmen eines Gesprächs mit der Ko-Vorsitzenden des Außenressorts der Autonomieverwaltung, Samar al-Abdullah, sowie ihren beiden Stellvertretern Fanar al-Kaeet und Rubel Baho sprach Blanquer von einer Botschaft der Solidarität, die von Macron ausgehe: „Nach den Angriffen drückt der französische Präsident seine Solidarität mit der Selbstverwaltung und den Völkern Nord- und Ostsyriens aus und bekräftigt, dass die Zusammenarbeit zwischen Frankreich und der AANES langfristig ausgelegt ist“, betonte Blanquer.

Besuch der französischen Abordnung auf einem Gefallenenfriedhof in Qamişlo © AANES / handout

Blanquer, der Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer ist, fügte hinzu, dass er die Erfahrung der Selbstverwaltung, insbesondere die basisdemokratischen Verwaltungsstrukturen und die „gelebte Koexistenz“, bewundernswert finde. Die Angriffe der Nachbarländer gegen die AANES bezeichnete er als „inakzeptabel“. Samar al-Abdullah informierte die Delegation über das Ausmaß der Schäden an der Infrastruktur und den Dienstleistungsprojekten und warf der Türkei vor, mit ihrem „Krieg niederer Intensität“ zu bezwecken, die Lebensgrundlagen der Bevölkerung zu zerstören und die Region langfristig zu entvölkern. „Weite Teile der AANES wurden binnen weniger Tage in ein riesiges Katastrophengebiet verwandelt“, so die Politikerin. Das sei ein gravierender Verstoß gegen internationale Verträge und Gesetze, insbesondere gegen die Genfer Konvention. „Zu betonen gilt, dass diese Angriffe vor dem Hintergrund des Schweigens der internationalen Gemeinschaft erfolgt sind.“

Jean-Michel Blanquer (l.) und Samar al-Abdullah © AANES / handout

Al-Abdullah ergänzte, dass die Angriffe der Türkei den Kampf gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) beeinträchtigen würden. Der AANES würden eindeutige Hinweise darüber vorliegen, dass die Dschihadistenmiliz im Windschatten der kriegerischen Aggressionen des türkischen NATO-Staates seine Reorganisierung vorantreibe und Anschläge in der Autonomieregion vorbereite. Zudem kritisierte Al-Abdullah, dass die Angriffe der Türkei die Arbeit humanitärer Organisationen in Nord- und Ostsyrien behinderten und zahlreiche Einrichtungen die Region aufgrund der Militärgewalt bereits verlassen hätten. „Die Türkei sorgt mit ihren Angriffen also nicht nur dafür, dass ständig neue Fluchtwellen einsetzen. Sie ist auch dafür verantwortlich, dass durch ihren jahrelangen Krieg gegen die AANES bereits zu Geflüchteten gewordenen Menschen keine humanitäre Hilfe zukommt.“