Dschihadisten an Grenze bei Girê Spî verlegt

Der türkische Staat hat 200 Mitglieder dschihadistischer Milizen über Cerablus an die Grenze zu Girê Spî verlegt.

Die türkischen Truppen greifen seit dem 28. Oktober Dörfer bei Girê Spî und Kobanê an. Der türkische Staat verlegt nun Dschihadisten der Gruppe Ahrar al-Sham an die Grenze von Girê Spî (Tall Abyad) bei Riha (Urfa).

Nach vertrauenswürdigen Quellen unserer Agentur passierte am 1. November 2018 eine große Gruppe Dschihadisten aus Efrîn, Idlib und Şehba die türkische Grenze bei Cerablus. Sie zogen laut Informationen zwischen 17.00 und 18.00 Uhr mit ihren Fahrzeugen, Waffen und Ausrüstungsgegenständen über die türkische Grenze. Unter den Dschihadisten, die offensichtlich zum Krieg gegen Girê Spî gerüstet werden, befanden sich demnach auch Mitglieder des sogenannten Islamischen Staat (IS) und von al-Nusra. Der türkische Staat habe, um diese Gruppe zu legitimieren, sie in die Uniformen des Al-Qaida-Ablegers „Ahrar al-Sham“ gesteckt. Etwa 200 Mitglieder von Ahrar al-Sham seien in der nordkurdischen Stadt Riha (Urfa) angekommen und an der Grenze von Girê Spî stationiert worden.

Die aus Efrîn, Idlib und Şehba versammelten Dschihadisten

Nach Quellen von ANF handelt es sich beim Großteil der unter dem Namen „Ahrar al-Sham“ in die Türkei gebrachten Dschihadisten um Al-Nusra- und IS-Mitglieder, die aus Idlib, Efrîn und Şehba zusammengezogen worden sind. Der türkische Staat hatte für seinen Stellvertreterkrieg in Syrien zunächst die Muslimbruderschaft und dann Gruppen wie al-Nusra und den IS benutzt. Kurz nach Beginn der Revolution von Rojava öffnete er diesen Gruppen die Grenze und ließ sie Serêkaniyê, Efrîn, Kobanê und Cizîrê angreifen. 2014 wurden Girê Spî und Cerablus besetzt und zum offiziellen Grenzübergang der Milizen in die Türkei gemacht. Der türkische Staat benutzte diese Grenzübergänge, um den Dschihadisten Waffen, Logistik und personellen Nachschub zur Verfügung zu stellen. Insbesondere während des Widerstands von Kobanê konnte diese enge Zusammenarbeit der Türkei mit den Dschihadisten immer wieder gut dokumentiert werden.

Nach der Befreiung von Minbic, als deutlich wurde, dass sich die Zeit des IS ihrem Ende zuneigt, hat der türkische Staat am 24. August 2016 unter dem Vorwand des „Kampfs gegen den IS“ eine Besetzungsoperation von Cerablus begonnen und große Teile der Şehba-Region okkupiert. Es fanden ein paar Scheingefechte statt, dann stutzten sich die IS-Dschihadisten die Bärte, wechselten die Uniform und traten als „FSA“ unter türkischem Kommando auf. Auch dies ist gut dokumentiert. Der türkische Staat nutzte dann unter anderem diese IS-Mitglieder, die nun als „FSA“ auftraten, bei der Besatzung von Efrîn.

Auch al-Nusra ist dabei

Als Russland, das syrische Regime und der Iran in den Sommermonaten diesen Jahres die Idlib-Operation auf die Tagesordnung setzten, wurde am 31. August die Nachfolgeorganisation von al-Nusra, Hayat Tahrir al-Sham (HTS), auf die Terrorliste genommen. Am 17. September kam es zu einem Abkommen in Sotschi mit Russland, in dem eine demilitarisierte Zone und die Auflösung der radikalen Dschihadisten durch die Türkei vereinbart wurde. Der türkische Staat versuchte zunächst HTS zur Einhaltung des Abkommens zu überreden und verlegte einige Gruppen innerhalb von HTS, die unter direkter Kontrolle der Türkei stehen, nach Efrîn. Als klar wurde, dass HTS insgesamt nicht von dem Abkommen überzeugt werden konnte, wurde damit begonnen, in einer gemeinsamen Geheimdienstoperation des MIT und der türkeitreuen sogenannten Nationalen Befreiungsfront, deren Teil auch Ahrar al-Sham ist, die Führung von HTS zu liquidieren. So wurde versucht eine Auflösung von HTS herbeizuführen.

Einer der Zeitpunkte, an dem der türkische Staat seine HTS-Gruppen nach Efrîn verlegt hatte, war der 18. September 2018. An diesem Tag wurden 400 HTS-Dschihadisten von Idlib nach Efrîn gebracht. Ein Teil wurde weiter nach Cerablus verlegt. Der Rest wurde unter den „FSA“-Gruppen im Zentrum von Efrîn verteilt. 65 HTS-Mitglieder unter der Führung von Abu Omar Elşemi wurden an die Gruppe Faylaq al-Rahman im Dorf Qibare angeschlossen. Ein Teil dieser Gruppe wurde unseren Quellen zu Folge gegen Girê Spî nach Riha geschickt.