Dringender Aufruf einer Ärztin aus Nordsyrien

Die Ärztin Dilgeş Kerkûkî stammt aus Südkurdistan und lebte in Europa. Nach Beginn der türkischen Militärinvasion ist sie nach Efrîn gereist, um den Menschen zu helfen.

Dr. Dilgeş Kerkûkî ist aus Europa nach Efrîn gekommen, um nach Beginn der türkischen Angriffe auf den nordsyrischen Kanton zur medizinischen Versorgung Kranker und Verletzter beizutragen. Nach der Bombardierung des Avrîn-Krankenhauses durch die türkische Luftwaffe ist sie mit der evakuierten Zivilbevölkerung nach Şehba gegangen. Aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten gebe es nicht viel, was sie tun könne, meint die Ärztin: „Uns fehlt jegliches Material zur Gesundheitsversorgung. Wir sind bei den Menschen, können jedoch den Bedarf in keiner Weise decken. Wir leisten nur moralische Unterstützung.“

Es sei eine sehr schwierige Zeit für die Menschen aus Efrîn, fährt Dilgeş Kerkûkî fort: „Ich appelliere an das kurdische Volk und an die internationalen Kräfte. Es ist unser aller Aufgabe, Efrîn zu unterstützen. Es ist ein nationaler Auftrag, aber gleichzeitig auch ein humanitärer. Viele internationale Hilfsorganisationen erhalten in Situationen wie dieser Sonderfonds.“

Wo sind die Hilfsorganisationen?

„Die Situation hier ist sehr schlecht. Die Menschen haben ihre Häuser verlassen müssen und leben jetzt auf der Straße, auf offenem Gelände oder in Autos. Es ist Krieg und diese Menschen brauchen Unterstützung. Es gibt kein Essen, keine Unterkunft, kein sauberes Wasser und keine Milch für die Kinder. Wir sind hier unter der Bevölkerung, aber wir können nichts für sie tun. Wir können keine medizinische Versorgung leisten, weil es weder Medikamente noch Material und Gesundheitspersonal gibt. Wo sind die Ärzte ohne Grenzen, die UN, die Weltgesundheitsorganisation? Alle wollten, dass die Zivilbevölkerung aus Efrîn evakuiert wird, aber niemand kümmert sich darum, was jetzt aus den Menschen werden soll.“

Die aus Südkurdistan stammende Ärztin hat die Anfal-Operation des irakischen Baath-Regimes Ende der 1980er überlebt. Das Vorgehen der türkischen Armee erinnert sie an den damaligen Genozid: „Wir leben seit Tausenden Jahren in dieser Region. Jetzt sollen wir unser Land verlassen. Wie soll es weitergehen, wollt ihr alle Kurden mit chemischen Waffen ermorden? Bitteschön, nur zu. Es ist ja nichts Neues. Ich bin eine Kurdin, die Anfal überlebt hat.“

„Es gibt kein Krankenhaus mehr, in dem ich arbeiten könnte“

Dr. Dilgeş Kerkûkî arbeitet mit dem kurdischen Roten Halbmond (Heyva Sor a Kurd) zusammen. „Ich bin als freiwillige Ärztin gekommen, aber es gibt kein Krankenhaus mehr, in dem ich arbeiten könnte. Unser Krankenhaus ist bombardiert worden und alles wurde geplündert. Ich kann nicht operieren und ich kann nicht einmal Medikamente verteilen. Eine gesundheitliche Versorgung der Menschen ist unter diesen Umständen nicht möglich.“