Viele Menschen haben Syrien seit Beginn des Krieges verlassen. Wir haben in Qamişlo mit jungen Männern gesprochen, die nach einem Auslandsaufenthalt nach Nordsyrien zurückgekehrt sind und dort jetzt Verantwortung übernehmen. Einige von ihnen bereuen, das Land jemals verlassen zu haben.
Mahmud Sabah Mihammed stammt aus Qamişlo. 2011, zu Beginn des Krieges, ging er nach Deutschland. Dort blieb er zwei Jahre, jetzt ist er wieder in Nordsyrien. Seit elf Monaten ist er bei den Selbstverteidigungskräften. „Früher durften wir unsere Sprache nicht sprechen, jetzt ist Kurdisch sogar eine der Unterrichtssprachen“, sagt er, „Es ist alles ganz anders als damals, als ich weggegangen bin. Wir können unsere Sprache sprechen und das kurdische Volk hat eine eigene militärische Kraft. Ich hoffe, dass alle jungen Leute, die ins Ausland gegangen sind, zurückkommen. Sie sollen kommen, ihren Militärdienst ableisten, ihre Heimat schützen und hier leben. In Qamişlo gibt es für alle Arbeitsmöglichkeiten.“
Als Kind gegangen, als Erwachsener zurückgekehrt
Basil Hesen war zwölf Jahre alt, als er 2011 mit seiner Familie in die Türkei migrierte. Acht Jahre blieb er dort und arbeitete auf dem Bau. Jetzt ist er zurück in Rojava und Mitglied der Sicherheitskräfte geworden. „Als ich älter wurde, dachte ich darüber nach, dass ich zurückkehren und mich an der Verteidigung des Landes beteiligen sollte. Ich bin aus freiem Willen zurückgekehrt. Als ich aus der Türkei in Syrien ankam, wurde ich von den Sicherheitskräften nach meinem Ausweis gefragt. Erst hatte ich Angst, aber dann habe ich mich gefreut, weil ich begriffen habe, dass ich hier in Sicherheit bin. Jetzt arbeite ich selbst bei den Sicherheitskräften und sorge für die Sicherheit meines Landes“, erzählt Basil Hesen.
Aufruf zur Rückkehr
Gabar Qamişlo stammt aus dem Stadtteil Hililiye in Qamişlo. 2011 ist er nach Südkurdistan (Nordirak) gegangen. „Es war alles ganz anders, als ich erwartet habe“, sagt er. Er hat es nur drei Monate ausgehalten. Zuerst war er in einem Flüchtlingslager, anschließend hat er unter noch schwereren Bedingungen gelebt. Arbeit hat er nur für einen Monat gefunden. Danach entschloss er sich zur Rückkehr: „Als ich zurückkam, beteiligten sich inzwischen viele meiner Freunde und Nachbarn an der Arbeit in Rojava. Sie fragten mich, ob ich auch mitmache, und ich sagte ja. Ich möchte an dieser Stelle alle jungen Menschen, die in die Türkei, nach Europa oder nach Südkurdistan gegangen sind, dazu aufrufen, zurückzukommen. Hier ist alles viel schöner geworden, es werden alle Sprachen gesprochen und die Völker leben zusammen.“
Es gibt alles und es gehört uns
Auch Canfeda Qamişlo ist 2011 nach Südkurdistan gegangen. Dort hat er in einem Camp gelebt. Es fehlten Lebensmittel und Wasser, mehrere Menschen kamen ums Leben, als ein Feuer in den Zelten ausbrach. Ein Vorfall hat ihn besonders betroffen gemacht: „Ein Wassertanker der Peschmerga ist rückwärts über ein kleines Kind gerollt. Der Fahrer ist nicht einmal ausgestiegen, sondern einfach weggefahren. Der Anblick ist mir sehr nahegegangen.“ Canfeda erzählt weiter: „Wir haben ständig die Nachrichten verfolgt, unsere Freunde in Rojava haben gekämpft. Zu jener Zeit wurde auch in Serêkaniyê gekämpft. Viele Menschen aus meinem Dorf haben daran teilgenommen. Sie haben mich dazu aufgefordert, zurückzukommen, und das habe ich dann getan. Einige meiner Freunde sind gefallen und ich habe mich den YPG angeschlossen. Jetzt haben wir Räte, Schulen und Rathäuser, die uns gehören. Ich rufe alle dazu auf, nach Rojava zurückzukehren.“
Wir hatten keinen Wert dort
Die Geschichte von Zagros Qamişlo ist ein bisschen anders. 2014 war er bei den YPG, aber 2015 gab er dem Drängen seiner Familie nach und ging nach Südkurdistan. Dort blieb er drei Jahre. Die schwierigen Bedingungen und die Diskriminierung, der er als Flüchtling ausgesetzt war, brachten ihn schließlich dazu, in seine Heimat zurückzukehren. 2018 schloss er sich erneut den YPG in Rojava an. „Als ich zurückgekommen bin, habe ich gesehen, was hier alles entstanden ist. Das hat mich sehr gefreut. Ich habe es bereut, weggegangen zu sein, weil viele meiner Freunde in der Zwischenzeit gefallen sind. Ich hätte bleiben und mit ihnen zusammen kämpfen sollen. Alle, die in die Türkei, nach Südkurdistan oder nach Europa gegangen sind, sollten zurückkommen.“