Die türkische Armee und ihre dschihadistischen Proxytruppen greifen wieder das nördliche Syrien an. Ziel der bereits in der Nacht zum Mittwoch eingesetzten Bombardierungen sind Dörfer in der Stadt Ain Issa. Bisher wurden Artillerieeinschläge in den zentrumsnahen Ortschaften Dibis und Seyda (al-Saida) bestätigt. Beide Dörfer sind dicht besiedelt und befinden sich am Rande der Schnellstraße M4, die als Lebensader des Autonomiegebiets von Nord- und Ostsyrien gilt. Ob Menschen durch die Angriffe zu Schaden gekommen sind, ist noch unklar.
Besatzer greifen Einsatzgruppe der Selbstverwaltung an
Indes teilte die Sicherheitsbehörde Asayîş mit, dass am frühen Mittwochmorgen eine Einsatzgruppe des technischen Hilfswerks der Volkskommune von Ain Issa von den Besatzungstruppen unter Beschuss gesetzt worden ist. Das Team war demnach in die Nähe von Dibis ausgerückt, nachdem ein parkender Dieseltanker durch Erschütterungen von Artillerieeinschlägen am Rande der M4 umkippte und seine gesamte Ladung verlor.
Straße nicht abgestreut – Unfallgefahr
Infolge des Beschusses musste sich die Einsatzeinheit jedoch wieder zurückziehen, ohne den ausgelaufenen Kraftstoff – mehrere hundert Liter – mit Bindemitteln abzustreuen. Wegen der großen Unfallgefahr wurden zwar umgehend Straßensperrungen angeordnet. Diese konnten aber ebenfalls bedingt durch fortgesetzte Bombardements nicht aufgestellt werden. Die Volkskommune von Ain Issa und die Feuerwehr appellierten an die Bevölkerung, die Gegend unbedingt zu meiden.
Ain Issa ist von strategischer Bedeutung
Ain Issa befindet sich südlich der türkischen Besatzungszone Girê Spî (Tall Abyad) und ist als Verbindungsglied zwischen den selbstverwalteten Regionen Euphrat (Kobanê) und Cizîrê von strategischer Bedeutung. Seit nunmehr dreieinhalb Jahren befindet sich die Stadt im Fadenkreuz der Türkei und islamistischer Proxy-Truppen. Unmittelbar nach der Besatzung von Serêkaniyê und Girê Spî im Oktober 2019 wurde ein Zermürbungskrieg gegen die Stadt eingeleitet, Phasen mit hoher Intensität wechseln sich mit Phasen niedriger Intensität ab. Die Bombardements richten sich vornehmlich gegen zivile Siedlungen, Dutzende Dörfer in der Region sind durch das kriegerische Vorgehen des NATO-Partners Türkei bereits zerstört und entvölkert worden. Eine türkische Luftoffensive im vergangenen November legte weite Teile der Infrastruktur in Schutt und Asche.