GfbV: Angriffe auf Alawit:innen in Syrien gehen weiter

An der syrischen Mittelmeerküste dauern die Angriffe auf Angehörige der alawitischen Gemeinschaft an. Die Gesellschaft für bedrohte Völker fordert die Bundesregierung zum Handeln auf, um einen Völkermord zu verhindern.

An der syrischen Mittelmeerküste dauern die Angriffe auf Angehörige der alawitischen Gemeinschaft nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen weiter an. „Es gibt weiterhin Aufrufe zur Vernichtung der Minderheit“, sagte der Nahost-Experte der Gesellschaft für bedrohte Völker, Kamal Sido, am Freitag in Göttingen. Laut der in Großbritannien ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) sind seit Beginn der Massaker in der Küstenregion Syriens über 1.470 Zivilpersonen von offiziellen syrischen Sicherheitskräften und Söldnern islamistischer Milizen getötet und teils auf offener Straße hingerichtet worden.

„Deutschland steht in der Verantwortung“

Mehrheitlich handelte es sich bei den Opfern um Alawit:innen. Diese Minderheit, der auch der im Dezember durch eine von der Dschihadistenkoalition „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) angeführte Offensive gestürzte Präsident Baschar al-Assad angehört, macht etwa 15 Prozent der syrischen Bevölkerung aus und lebt vor allem in den Küstenprovinzen Latakia und Tartus. Tödliche Übergriffe fanden auch in Homs und Hama statt.

Sido forderte die deutsche Bundesregierung zum Handeln auf. Berlin müsse seine diplomatischen Kontakte zu den syrischen Machthabern nutzen, um Druck auf die Übergangsregierung aufzubauen und einen Völkermord an der alawitischen Gemeinschaft zu verhindern. „Deutschland steht in der Verantwortung, denn die Islamisten, die heute in Syrien an der Macht sind, wurden auch von Deutschland unterstützt“, betont der Menschenrechtler.

Die ebenfalls in dieser Woche erfolgte Unterzeichnung eines Abkommens zwischen der aus HTS hervorgegangenen neuen Führung in Damaskus und den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) bezeichnete Sido als „Manöver, um von den Massakern an den Alawit:innen abzulenken“. Tatsächlich gingen die Angriffe auf Mitglieder der Religionsgemeinschaft im Westen und auf Kurd:innen, Ezid:innen und christliche Gläubige im Nordosten Syriens weiter, sagte Sido, der selbst in Efrîn geboren wurde.

Verfassungsentwurf bekräftigt islamische Scharia

Dass die neuen Machthaber in Syrien mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit „nichts am Hut“ hätten, zeigt nach Angaben des Nahost-Experten zufolge auch der kursierende Entwurf für eine syrische Verfassung. Dieser unterscheide sich kaum von der Verfassung der Assad-Diktatur, bekräftige die Prinzipien der islamischen Scharia und erwähne weder die kurdische noch die aramäische Sprache, die von Millionen Menschen in Syrien gesprochen werde.

Foto: Demonstration am 11. März 2025 in Qamişlo gegen die Massaker an Alawit:innen © ANHA