Genf: Tamilische Community fordert Aufarbeitung der Kriegsverbrechen

Vor dem UN-Sitz in Genf haben Tamilinnen und Tamilen aus der Schweiz die Gräueltaten während des Krieges in Sri Lanka verurteilt und internationale Mechanismen für die Aufarbeitung der Verbrechen von damals gefordert.

Während sich der UN-Menschenrechtsrat in Genf am Montag mit der Lage in Sri Lanka befasste, demonstrierten vor dem Sitz der Vereinten Nationen zahlreiche Angehörige der tamilischen Diaspora gegen die ungesühnten Kriegsverbrechen an ihrer Gemeinschaft. Auf Aufruf der Koordination der Tamilinnen und Tamilen in der Schweiz hatten sich mehrere hundert Menschen auf dem Place des Nations eingefunden, um die Gräueltaten während des Krieges in Sri Lanka zu verurteilen und anzuprangern, dass es bis heute keine Aufarbeitung und Gerechtigkeit für die Verbrechen der Vergangenheit gibt. Mitglieder des Demokratischen Gesellschaftszentrums der Kurdinnen und Kurden in Genf unterstützten die Kundgebung.

Am 23. Juli 1983 verübten die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) einen Angriff auf die singhalesische Armee. Dem vorangegangen war eine zunehmende Unterdrückung der tamilischen Minderheit durch die singhalesische Mehrheit. 13 Soldaten starben bei dem Anschlag, auf den mehrtägiger Pogrom gegen die tamilische Bevölkerung folgte. Mindestens 3.000 Tamil:innen wurden ermordet, 5.000 Geschäfte geplündert und 8.000 Wohnungen zerstört. Hundertausende Menschen wurden so um ihr Hab und Gut gebracht und zu Geflüchteten im eigenen Land gemacht. Dieses Ereignis ging als „Schwarzer Juli“ ins kollektive Gedächtnis ein und gilt als Beginn eines Krieges, der erst 26 Jahre später endete.


Heute ist bekannt, dass die Angreifer mit ethnischen Listen von Regierung, Polizei und Armee ausgestattet waren, anhand derer sie ihre Ziele ausfindig machen konnten. Sicherheitskräfte blieben untätig oder beteiligten sich an den Lynchmorden. Der 18. Mai 2009 markiert den Höhepunkt der genozidalen Brutalität der singhalesischen „Militäroffensive“ gegen den tamilischen Norden, die an diesem Tag am Strand von Mullivaikkal beendet wurde und in der Endphase bis zu 70.000 Tamil:innen das Leben kostete. Über 146.000 Menschen gelten den UN zufolge immer noch als vermisst. Die Regierung Sri Lankas weigert sich aber bis heute, deren Schicksal von unabhängigen internationalen Kommissionen untersuchen zu lassen.

Zwar hätten alle bisherigen Regierungen Sri Lankas innerstaatliche Mechanismen versprochen und seien gegenüber den Opfern und der internationalen Gemeinschaft Verpflichtungen eingegangen, den Krieg aufzuarbeiten und für Gerechtigkeit zu sorgen, hieß es in einer Erklärung der tamilischen Koordination. „Aber nichts davon ist erfüllt worden, alle Beteiligten wurden gezielt getäuscht.“ Es seien nur leere Versprechungen, die die Regierung in Colombo hin und wieder mache. Juristische Maßnahmen für die Ahndung der Verbrechen während des Krieges gebe es keine und auch entsprechende Resolutionen des UN-Menschenrechtsrates blieben auf Sri Lanka unbeachtet.

„Die Tamilen werden als Volk in Sri Lanka schon seit der Unabhängigkeit im Jahre 1948 systematisch unterdrückt, verfolgt und ermordet. Es handelt sich um einen fortlaufenden Völkermord. Die Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen dürfen von der internationalen Gemeinschaft nicht länger ignoriert werden. Tamilen haben immer wieder unabhängige, internationale Mechanismen für Gerechtigkeit und Rechenschaft sowie ihr Recht auf Selbstbestimmung gefordert, um die Grundursachen des Konflikts anzugehen und die vielfältigen Krisen sowie die Instabilität auf der Insel zu beenden. Indem die internationale Gemeinschaft Sri Lanka für seine Verbrechen gegen die Tamilen zur Rechenschaft zieht, kann sie ein klares Signal senden: dass ein Verstoß gegen das Völkerrecht nicht zur Straflosigkeit der Täter führt.“ Den Forderungen der tamilischen Community schloss sich auch die kurdische Gemeinde Genf an.