Isolation im Inselgefängnis Imrali
Gegen den im türkischen Hochsicherheitsgefängnis Imrali inhaftierten PKK-Begründer Abdullah Öcalan ist offenbar eine weitere Disziplinarstrafe verhängt worden. Das Istanbuler Rechtsbüro Asrin, das Öcalan und seine drei Mitgefangenen vertritt, hat eine Besuchserlaubnis für Familienangehörige beantragt. Das Vollzugsgericht Bursa teilte daraufhin mit, dass am 16. Oktober eine dreimonatige Disziplinarstrafe gegen Öcalan angeordnet wurde. Über die Begründung der Strafe wurden keine Angaben gemacht. Die Anwaltskanzlei will Widerspruch gegen die Anordnung einlegen.
Besuch auf Imrali im Oktober
Abdullah Öcalan befindet sich seit seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung aus Kenia in die Türkei im Jahr 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali in Isolationshaft. Der letzte Kontakt zu ihm war ein Besuch durch seinen Neffen Ömer Öcalan. Der 37-Jährige, der Abgeordneter der DEM-Partei im türkischen Parlament ist, konnte am 23. Oktober ungefähr anderthalb Stunden mit seinem Onkel sprechen und teilte anschließend mit, dass er bei guter Gesundheit sei und Grüße ausrichten lasse. Zuvor war aufgrund der strikten Kontaktsperre nichts über seinen Zustand bekannt. Abdullah Öcalan sagte seinem Neffen bei dem Besuch, dass er theoretisch und praktisch in der Lage sei, zu einer politischen und rechtlichen Lösung der kurdischen Frage beizutragen, wenn ihm die Möglichkeit dafür gegeben werde.
Kein Kontakt zu Verteidiger:innen
Mit seiner Rechtsvertretung hatte Öcalan zuletzt im August 2019 Kontakt. Nach acht Jahren Unterbrechung waren mit einem von der inhaftierten Politikerin Leyla Güven angeführten Hungerstreik insgesamt fünf Anwaltsbesuche durchgesetzt worden. Die Isolation im Imrali-Gefängnis wurde seitdem auf das Niveau der totalen Incommunicado-Haft getrieben.
Auch Öcalans Mitgefangene werden isoliert
Betroffen von der Isolation auf Imrali sind auch Öcalans drei Mitgefangene Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş, die 2015 im Zuge des Dialogs zwischen dem kurdischen Vordenker und der Führung in Ankara in das Inselgefängnis verlegt wurden. Als juristische Ummantelung für das Unrecht auf Imrali, einschließlich der Unterbindung von Anwalts- und Familienbesuchen, dienen der türkischen Justiz willkürlich verhängte „Disziplinarstrafen“ gegen die Imrali-Gefangenen.
Disziplinarstrafen zur Einschränkung von Gefangenenrechten
Begründet werden Disziplinarstrafen auf Imrali in den meisten Fällen mit der 2009 von Öcalan verfassten „Roadmap für Verhandlungen“, die dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als Verteidigungsschrift vorgelegt wurde – aber auch mit der bizarren Argumentation, dass Öcalan „in der offiziellen Sportzeit auf dem Gefängnishof auf und ab geht“. Diese Form der Sanktion wird bei Anträgen auf Familienbesuche alle drei Monate erneuert, bei Besuchsanträgen von Asrin halbjährlich. Laut der Kanzlei hat die türkische Justiz diese Art der „Strafmaßnahme“ seit 2016 dreizehnmal verfügt, zuletzt im vergangenen Mai. Entgegen der europäischen Rechtsprechung, mehrmaligen Aufforderungen des UN-Menschenrechtsausschusses und einer Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ist der türkische Staat nach wie vor nicht bereit, die auf Imrali praktizierte Isolation zu beenden.