Kampagne für Öcalan fordert weitere Unterstützung

Mit dem ersten Kontakt zu Abdullah Öcalan nach mehreren Jahren ist die erste Stufe der Isolation auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali durchbrochen worden. Die Kampagne für seine Freilassung will ihre Anstrengungen verdoppeln.

Erster Besuch auf Imrali

Die Initiator:innen der Kampagne „Freiheit für Abdullah Öcalan: Eine politische Lösung der kurdischen Frage“ haben eine Stellungnahme zu dem Besuch des DEM-Abgeordneten Ömer Öcalan bei seinem Onkel auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali abgegeben und an alle Aktivist:innen appelliert, ihre Anstrengungen zu verdoppeln. Die gemeinsamen Bemühungen hätten eine entscheidende Rolle dabei gespielt, „die erste Stufe der Isolation auf der Insel Imrali zu durchbrechen“. Ömer Öcalan habe am 23. Oktober 2024 mehr als eineinhalb Stunden mit seinem Onkel gesprochen, teilte die Kampagne mit. Weiter heißt es in der Erklärung:

Auf der Insel Imrali öffnet sich ein neues Fenster

Es war das erste Mal seit dem 3. März 2020, dass jemand Herrn Öcalan sah, und das erste Mal seit dem 21. März 2021, dass jemand seine Stimme hörte. Ömer gab an, dass sein Onkel bei „guter Gesundheit“ sei und „Grüße an alle“ sende, was natürlich auch Sie alle einschließt, die Sie eine so entscheidende Rolle dabei gespielt haben, dass Öcalans Anliegen und Philosophie die Welt erreicht. Ömer übermittelte auch eine Botschaft seines Onkels, in der Abdullah Öcalan alle daran erinnerte: „Die Isolation dauert an. Wenn die Bedingungen stimmen, habe ich die theoretische und praktische Macht, diesen Prozess aus dem Bereich des Konflikts und der Gewalt in einen rechtlichen und politischen Rahmen zu überführen."

Bevor wir nun die weiteren politischen Auswirkungen dieses bedeutsamen Ereignisses und seine möglichen Folgen für das kurdische Volk und die gesamte Region erörtern, halten wir es für wichtig, einen Moment innezuhalten und diesen ersten Erfolg unserer Kampagne zu würdigen, der letztendlich Abdullah Öcalans Freiheit bringen soll.

Im vergangenen Jahr haben wir gemeinsam mit Ihnen durch Kundgebungen, Proteste, Sitzstreiks, Briefe, Demonstrationen, Hungerstreiks, Buchtage, Konzerte, Informationszelte und Kunstausstellungen den Druck auf den türkischen Staat und internationale Institutionen erhöht. Wir haben Briefe an das CPT, den Europarat und die UNO geschickt und die Unterstützung von 69 Nobelpreisträger:innen erhalten, die dasselbe taten. In über 50 Ländern auf der ganzen Welt haben wir zahlreiche Veranstaltungen durchgeführt, die Ankara, Brüssel, Genf und alle Weltmächte, die sich verschworen haben, Abdullah Öcalans Weisheit zu isolieren, wissen lassen, dass wir niemals aufgeben werden.

Deshalb glauben wir, dass der türkische Staat endlich beschlossen hat, ein Fenster in Bezug auf die Isolation von Abdullah Öcalan zu öffnen, und dass er nun durch den MHP-Vorsitzenden Bahçeli seine Bereitschaft signalisiert, vielleicht in eine neue Phase der Verhandlungen mit dem kurdischen Anführer einzutreten. Wenn Erdoğan und Bahçeli es jedoch ernst meinen, eine Lösung zu finden, dann sollte Herr Öcalan sofort freigelassen werden, damit er seine Rolle als Verhandlungsführer für die kurdische Sache wahrnehmen kann.

Und obwohl wir aufgrund der Geschichte der Türkei mit falschen Versprechungen vorsichtig bleiben, glauben wir auch, dass es wichtig ist, diesen ersten Erfolg anzuerkennen. Alle Verhandlungen zwischen Ankara und Imrali mussten natürlich mit der Wiederherstellung des ersten Kontakts zu Herrn Öcalan mit seiner Familie beginnen. Nun möchten wir, dass der türkische Staat den nächsten konstruktiven Schritt unternimmt – der nach internationalem Recht und den Gesetzen der Türkei vorgeschrieben ist – indem er ihm Zugang zu seinen Anwält:innen gewährt, mit denen er seit 2019 nicht mehr gesprochen hat. Sobald ein regelmäßiger Kontakt zwischen Herrn Öcalan und seiner Familie und seinen Anwält:innen sichergestellt ist (was ihm nach der türkischen Verfassung garantiert ist), können potenzielle Verhandlungen beginnen, die hoffentlich zu einem dauerhaften Frieden zwischen Ankara und der kurdischen Freiheitsbewegung führen.

Natürlich gibt es viele Gründe, misstrauisch oder sogar skeptisch zu bleiben, insbesondere da das türkische Militär weiterhin zivile Infrastruktur (Bäckereien, Wasserwerke, Kraftwerke) in ganz Rojava und Südkurdistan bombardiert und damit eine Situation schafft, in der es vorgibt, in der einen Hand einen Olivenzweig zu halten, während es mit der anderen eine bewaffnete Drohne steuert.

Wir stellen jedoch auch fest, dass in der türkischen Politik ein grundlegender Wandel stattfindet und dass wir auf der richtigen Seite der Geschichte stehen und Schwung haben. Deshalb beginnen sie, Zugeständnisse zu machen, und deshalb werden wir niemals aufgeben. Tatsächlich sollten wir diese Nachricht als noch stärkere Motivation nehmen, unsere Anstrengungen zu verdoppeln, da wir jetzt den greifbaren Beweis haben, dass unsere Kampagne funktioniert und Wirkung zeigt.

In diesem Sinne senden wir Ihnen Grüße und bitten Sie um Ihre fortgesetzte Unterstützung, während wir die nächste Stufe der Isolation durchbrechen und ein Umfeld schaffen, in dem Abdullah Öcalan die Insel Imrali als freier Mensch verlassen und die jahrhundertealte kurdische Frage endlich lösen kann.