Das Geflüchtetenlager Mexmûr in Südkurdistan (Nordirak) ist seit seiner Gründung im Jahr 1998 ein Angriffsziel feindlich gesinnter Kräfte. In den vergangenen Tagen machten die Erklärungen von Vertretern der faschistischen Machtelite der Türkei, zum Beispiel des türkischen Verteidigungsministers Hulusi Akar, die Bevölkerung Mexmûrs erneut zu einem wichtigen Teil der politischen Agenda.
Das Camp Mexmûr selbst ist nicht viel größer als eine Kleinstadt. Der Grund dafür, dass die dortige Bevölkerung derart massiven und permanenten Angriffen ausgesetzt ist, liegt in der Selbstorganisierung ihres Lebens entlang der Ideen Abdullah Öcalans. Denn mit ihrem System der demokratischen Autonomie verfügen sie über das große Potential, die benachbarten Völker zu beeinflussen. Die Angriffe auf Mexmûr sind also ein Ergebnis der Angst vor dem Modell der demokratischen Selbstverwaltung. Die Türkei und ihre lokalen Kollaborateure greifen alle Orte massiv an, an denen dieses Modell in die Praxis umgesetzt wird. Sie tun dies, weil sie wissen, dass dieses Modell die anderen Völker in der Region beeinflusst und von diesen positiv aufgenommen wird. Da Mexmûr einen wichtigen Bestandteil dieses Systems darstellt, ist es ein vorrangiges Ziel der türkischen Angriffe.
Die heutige Bevölkerung Mexmûrs wurde zu Beginn der neunziger Jahre von dem Terror und Angst verbreitenden türkischen Staat durch Folter, die Politik des „Verschwindenlassens“ und andere menschenverachtende Maßnahmen dazu gezwungen, ihre Dörfer in Nordkurdistan zu verlassen. Aus ihrer Heimat – den im Zagros-Gebirge in den Regionen Botan und Colemêrg (tr. Hakkari) gelegenen Dörfern – flüchteten sie in den Süden Kurdistans. Seit 27 Jahren ist die Bevölkerung Mexmûrs ununterbrochenem Druck ausgesetzt und hat mittlerweile den Widerstand gegen die ständigen Angriffe zu einer Lebensart entwickelt. Sie hat es stets vermieden, sich von der Güte anderer abhängig zu machen und darauf bestanden, ihre Probleme selbst zu lösen. So hat sie seither eine demokratisch-autonome Stellung bewahrt und in eine Lebensdevise verwandelt.
Die aktuellen Angriffe auf die südkurdischen Regionen Metina, Zap und Avaşîn richten sich zwar vorrangig gegen die Guerilla der Freiheitsbewegung Kurdistans. Doch auch Şengal und Mexmûr wurden in den vergangenen Wochen von türkischen Staatsvertretern immer wieder als Ziele zukünftiger türkischer Angriffe genannt. Der Grund dafür ist, dass beide Orte neben den oben beschriebenen noch über viele weitere demokratisch-menschliche Eigenschaften verfügen. Das Camp Mexmûr liegt zudem in einem geographisch zentral gelegenen Gebiet. An den Hängen des Berges Qerecox gelegen, in unmittelbarer Nachbarschaft zur arabischen Bevölkerung und mit gleicher Distanz zu den drei wichtigen Städten Mosul, Kerkûk und Hewlêr stellt Mexmûr eine Art Brücke dar, über die das Modell des Camps in der Region verbreitet werden kann. Aus diesem Grund fürchten sich der türkische Staat und seine lokalen Kollaborateure vor dem so kleinen Camp Mexmûr.
Wenn wir uns die auf internationaler Ebene angestoßenen Projekte für das Gebiet um Mexmûr in Erinnerung rufen, wird deutlich, dass der Region die Rolle einer zentralen Transitroute zukommt. Dadurch hat die Bedeutung der Region noch einmal deutlich zugenommen. Mexmûr liegt in direkter Nähe zu Gebieten, die Teil des chinesischen Projekts einer neuen Seidenstraße und einer von der Türkei geplante Eisenbahntrasse sind. Die Eisenbahntrasse wiederum ist Teil der neo-osmanischen Besatzungspläne in der Region. Aufgrund dessen ist stark davon auszugehen, dass die Angriffe auf die Region zunehmen, Orte wie Sengal und Mexmûr permanent als Vorwand für eben solche Angriffe auf die Tagesordnung gesetzt und somit direkten Angriffen ausgesetzt sein werden.
Am 13. Mai drohte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar öffentlich mit Angriffen auf Mexmûr und Şengal. Bemerkenswert ist dabei der Umstand, dass die Drohungen Akars direkt auf die Nachricht folgten, die irakischen Sicherheitskräfte würden in Zukunft gemeinsam mit den militärischen Kräften der südkurdischen Regionalregierung Einsätze durchführen – angeblich gegen den Islamischen Staat (IS). Diese jüngsten Erklärungen machen deutlich, dass die widerständige Bevölkerung Mexmûrs auch in der Zukunft mit verschiedensten Herausforderungen konfrontiert sein wird.
Der faschistische türkische Staat und seine lokalen Kollaborateure werden Mexmûr weiterhin ausschließlich als ein Problem betrachten. Die Bevölkerung des Camps versteht sich jedoch als Gemeinschaft, deren Schicksal vollständig mit der kurdischen Frage verschmolzen ist. Sie ist fest davon überzeugt, dass nur die Lösung der kurdischen Frage eine Lösung der Probleme Mexmûrs ermöglichen kann. Für die Lösung dieser Frage haben die Menschen Mexmûrs in der Vergangenheit bereits große Opfer gebracht. Und auch in Zukunft werden sie weiterhin auf verschiedensten Wegen ihren Beitrag zur Lösung der kurdischen Frage leisten.