Wache gegen Zwangsverwaltung vor Rathaus in Wan

Nach der Verurteilung des Ko-Bürgermeisters von Wan zu einer Haftstrafe wegen Terrorvorwürfen halten Menschen vor dem Rathaus Wache, um eine staatliche Zwangsverwaltung zu verhindern.

Abdullah Zeydan droht Amtsenthebung

Vor dem Rathaus von Wan (tr. Van) halten Menschen Wache, um eine staatliche Zwangsverwaltung zu verhindern. Der Ko-Bürgermeister Abdullah Zeydan (DEM-Partei) ist am Dienstag wegen vermeintlicher Unterstützung einer Terrororganisation zu drei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, wird aber als Vorbereitung auf die Ernennung eines staatlichen Zwangsverwalters in der kurdischen Gemeinde gesehen. Seit den Kommunalwahlen im März wurden bereits acht DEM-regierte Rathäuser unter Zwangsverwaltung gestellt. Auch in zwei von der CHP geführten Kommunen wurden gewählte Bürgermeister abgesetzt und durch Regierungsbeamte ersetzt.

Vor dem Rathaus in Wan harren seit Bekanntwerden des Urteils Menschen aus der gesamten Provinz aus, um ihre Unterstützung für Zeydan zu demonstrieren. Trotz Temperaturen unter dem Gefrierpunkt ist die Stimmung ausgelassen und kämpferisch. An mehreren Stellen auf dem Platz wurden in der Nacht Feuerstellen gezündet, Lieder gesungen und getanzt. Unter den Teilnehmenden sind auch Mitglieder der Ortsgruppe des Anwaltsvereins ÖHD. Der Ko-Vorsitzende Murat Özçiçek bezeichnete die Verurteilung Zeydans in einer Ansprache als „Angriff auf das Wesen der lokalen Demokratie“. Er betonte, dass die Ernennung von sogenannten Treuhändern anstelle der gewählten Bürgermeister:innen sich zu einer Bedrohung für die Demokratisierung der Türkei und die Hoffnung auf sozialen Frieden entwickelt habe.


„Die Ernennung von Treuhändern verstößt gegen das Wahlrecht sowie die Verfassung und stellt einen klaren Eingriff in die demokratischen Grundsätze und den Willen des Volkes dar“, erklärte Özçiçek. Es handele sich um einen Mechanismus, der den Umgang des türkischen Staates mit der kurdischen Frage offenbare und dadurch die demokratische Gesellschaftsstruktur grundlegend untergrabe. „Damit wird der Demokratie nicht nur in bestimmen Regionen Schaden zugefügt, sondern der gesamten Türkei“, so Özçiçek. Der Rechtsanwalt nannte das Urteil gegen Zeydan als bisher letzten Akt einer juristischen Farce. Die Teilnehmenden der Wache reagierten mit minutenlangem Applaus und Parolen wie „Die Rathäuser gehören uns“. Am Mittwoch soll eine öffentliche Pressekonferenz vor dem Rathaus stattfinden. Vor Ort werden nach Angaben aus Ankara auch die Ko-Vorsitzenden der DEM und DPB, Tülay Hatimoğulları und Çiğdem Kılıçgün Uçar sein.