Vier Ortsvorsteher in Mûş abgesetzt
In Kelê in der nordkurdischen Provinz Mûş sind vier Ortsvorsteher auf Betreiben des Innenministeriums ihres Amtes enthoben worden. Begründet wird die Maßnahme mit einem Ermittlungsverfahren gegen die Betroffenen.
In Kelê in der nordkurdischen Provinz Mûş sind vier Ortsvorsteher auf Betreiben des Innenministeriums ihres Amtes enthoben worden. Begründet wird die Maßnahme mit einem Ermittlungsverfahren gegen die Betroffenen.
In der nordkurdischen Provinz Mûş sind vier Dorfvorsteher im Landkreis Kelê (auch Milazgir, türk. Malazgirt) auf Betreiben des türkischen Innenministeriums abgesetzt worden. Betroffen sind die Ortsvorsteher Mehmet Kaya aus dem Dorf Yeramîşa (Yaramış), Milazım Altun aus Axwêran (Akören), Sertip Demir aus Elîqarxana (Alikalkan) und Salih Söylemez aus Qasimî (Kazgöl). Begründet wird die Maßnahme mit einem Ermittlungsverfahren. Genaue Hintergründe dazu sind unbekannt, da die Akte unter Geheimhaltung gestellt wurde. Die Dorfvorsteher waren am 12. Februar bei einer Operation der Militärpolizei (Jandarma) vorübergehend festgenommen worden. Ob anstelle der Ortsvorsteher ihre Beisitzer oder Beamte aus dem AKP-Lager eingesetzt werden, ist noch unklar.
Von der seit August 2019 durch die HDP-geführten Rathäuser in den kurdischen Kommunen auf Anordnung der AKP-Regierung fegenden Repressionswelle, in deren Folge bisher fast vierzig gewählte Ko-Bürgermeister*innen ihres Amtes enthoben und durch einen Zwangsverwalter aus Ankara ersetzt wurden, sind auch die Vorsteher von kleineren Gemeinden und Dörfern betroffen. Vielen wird in fingierten Ermittlungsverfahren „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation” und „Terrorpropaganda” vorgeworfen.
Altbekannte Strategie
Die HDP erklärte mehrfach, dass die Begründung für die Zwangsverwaltung vollkommen erfunden sei. Die Maßnahme zeige die feindliche Haltung zum erklärten politischen Willen des kurdischen Volkes. Das Innenministerium mache sich damit zum Zentrum eines Putsches, mit dem Rechte und Freiheiten usurpiert und Entscheidungen getroffen werden, die keine Spur von Demokratie aufweisen.
Die Absetzungen und die Festnahmewelle ähneln dem Vorgehen der türkischen Regierung kurz nach dem sogenannten Putschversuch im Juli 2016. Damals waren im Zuge des Ausnahmezustands 98 von 102 Bürgermeister*innen in kurdischen Städten abgesetzt und durch staatliche Zwangsverwalter ersetzt worden. Viele von ihnen wurden daraufhin inhaftiert. Die Wiederholung dessen hatte Erdogan schon im Wahlkampf vor den Kommunalwahlen im März 2019 angedroht: Jeder Kandidat, der Verbindungen zu „Terrororganisationen” aufweise, werde im Falle seiner Wahl wieder abgesetzt.
In der Zeit der Zwangsverwaltung zwischen 2016 und 2019 sind in den kurdischen Kommunalverwaltungen alle Ressourcen aufgebraucht worden. Die staatlichen Treuhänder haben der HDP einen Trümmerberg hinterlassen, die Rathäuser sind zu Zentren der Korruption und des Diebstahls gemacht worden. Die HDP glaubt, dass die Regierung und das Innenministerium verhindern wollen, dass die während der Zwangsverwaltung erfolgten Regelverstöße und die Korruption aufgedeckt werden. Die lokale militärische und zivile Bürokratie habe diese Korruption unterstützt, weil sie selbst davon profitierte.