Die Bevölkerung Nordkurdistans und der Türkei bereitet sich auf die Wahlen am 14. Mai vor, die über das Schicksal des Jahrhunderts entscheiden werden. Neben den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Schäden, die die AKP während ihrer zwanzigjährigen Herrschaft verursacht hat, standen in den letzten zwei Jahrzehnten auch Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen auf der Tagesordnung. Die Oppositionsparteien treffen bereits Vorkehrungen, um dieselben Unregelmäßigkeiten bei den kommenden Wahlen zu verhindern.
Die Demokratische Partei der Völker (HDP) hatte kürzlich angekündigt, dass sie gemeinsam mit den Grünen Linkspartei (YSP) zu den Parlamentswahlen antreten wird. Da die YSP jedoch zum ersten Mal an Wahlen teilnimmt und somit auch noch nie die Wahlhürde überwunden hat, kann sie keine Urnenbeauftragten in den Wahllokalen stellen, um die Sicherheit der Stimmabgabe zu gewährleisten. Die Sicherheit der Wahlen ist vor allem aufgrund der Verwüstungen in den Erdbebengebieten und der Abwanderung aus der Region erneut zu einem wichtigen Thema geworden.
Mustafa Akengin (HDP): Die Sicherheit der Wahlen gewährleisten
Mustafa Akengin ist als Mitglied des Parteirats der HDP zuständig für die lokalen Wahlangelegenheiten und hat gegenüber ANF in Amed (tr. Diyarbakir) erläutert, welche Maßnahmen die kurdische politische Bewegung ergriffen hat und wie sie in dieser wichtigen Frage handeln wird. Demnach hat auch der Hohe Wahlausschuss (YSK) Maßnahmen angekündigt und sechzig Vertreter in das Erdbebengebiet entsandt habe, um ein entsprechendes Programm zu erstellen. Akengin betont jedoch, dass alle Vorbereitungen vor dem Wahltag abgeschlossen sein sollten: „Der YSK muss den gesamten Ablauf verfolgen. Wo wird zum Beispiel das Wahllokal sein, wenn die dafür vorgesehene Schule zerstört ist? Wo werden unsere Bürgerinnen und Bürger anstelle der abgerissenen Bildungseinrichtungen wählen können? All diese Fragen gehören zu den Aufgaben des YSK. Unsere Aufgabe ist es, diesen Prozess gut zu erklären, insbesondere den Menschen, die beispielsweise aus dem stark zerstörten Adıyaman [ku. Semsûr] nach Diyarbakır kommen. Es gibt auch Menschen, die in andere Provinzen abgewandert sind. Ihre Stimmen dürfen nicht verschwinden. Wenn sie ihre Stimmen dorthin verlagert haben, können sie an ihren neuen Aufenthaltsorten wählen. Insofern wird sich weder die Zahl der Abgeordneten noch die Zahl der Wahlberechtigten in den Provinzen ändern."
„Das Ziel sind 80 Prozent der Stimmen in den kurdischen Provinzen“
Laut Akengin ist noch nicht endgültig geklärt, ob die Stimmabgabe im Erdbebengebiet in Zelten oder anderen Orten erfolgen wird. Von Amed aus sollen die Wahlen in 14 Provinzen und 128 Bezirken beobachtet werden. Es gibt fast 31 Tausend Wahlurnen. „Wir werden versuchen, das Problem mit den Beobachtern in all diesen Wahllokalen zu lösen. Da die Partei der Grünen Linken am 14. Mai zum ersten Mal an den Wahlen teilnimmt, kann sie keine Mitglieder für die Bezirkswahlvorstände und die Wahlausschüsse stellen. Sie kann auch keine Mitglieder für den YSK stellen. Wir können dort nur einen Vertreter entsenden. Deshalb haben wir uns auch mit anderen politischen Parteien auf regionaler Ebene getroffen, um die Wahlurnen zu schützen. Wir arbeiten daran“, sagt Akengin und betont, dass die Menschen die Bereiche vor den Wahllokalen am Wahltag nicht verlassen sollten.
In den 14 Provinzen, in denen die Wahlen von Amed aus beobachtet werden sollen, gibt es knapp 6.800.000 Wahlberechtigte. „Wenn es uns gelingt, einen großen Teil davon für die Partei der Grünen Linken zu gewinnen, wird sich die Zahl der Abgeordneten, die wir aus der Region bekommen, entsprechend erhöhen. Unser Ziel ist es, auf regionaler Ebene ein Stimmenpotenzial von mindestens 70 bis 80 Prozent zu erreichen."
HDP ruft zu internationaler Wahlbeobachtung auf
Die HDP ruft zu einer internationalen Wahlbeobachtung auf. Solidarische Menschen und Unterstützende der Demokratie sind aufgefordert, den Wahltag in der Region zu beobachten, mit Wähler:innen zu sprechen und mögliche Vorfälle und Unregelmäßigkeiten zu dokumentieren. In der Vergangenheit hat die Präsenz von internationalen Wahlbeobachter:innen einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass die Wahlen transparent verlaufen sind.
Die HDP hofft daher auch bei diesen Wahlen auf Unterstützung. Für die Teilnahme an der Wahlbeobachtung ist der Zeitraum vom 12. Mai bis zum 15. Mai vorgesehen. Um einen Eindruck von der politischen Stimmung in der Region zu erhalten, sind auch eine frühere Anreise und/oder spätere Abreise möglich. Interessierte können sich unter Angabe des vollständigen Namens, des Geburtsdatums, des Wohnortes und des möglichen Aufenthaltszeitraums bei der Deutschlandvertretung der HDP unter folgender E-Mail-Adresse anzumelden: [email protected]