Türkischer Drohnenangriff in Kelar

Die Türkei hat erneut das südliche Kurdistan bombardiert. Ziel des Angriffs war ein von der Tevgera Azadî genutztes Gebäude in Kelar. Es soll ein Todesopfer geben.

Die Türkei hat erneut das südliche Kurdistan bombardiert. Eine unbemannte Kampfdrohne drang am Freitag in den Luftraum der Kurdistan-Region des Iraks (KRI) ein und griff ein Gebäude der Tevgera Azadî in Kelar an. Laut Polizeiangaben soll es ein Todesopfer geben. Ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt, dazu machte Polizeisprecher Ali Cemal Kadiri keine Angaben. Die Bewegung selbst äußerte sich noch nicht zu dem Angriff. Die Polizei hat Ermittlungen eingeleitet und Spuren gesichert.

Der Luftschlag in Kelar ereignete sich in den Mittagsstunden im zentralen Bezirk Şahidan – und damit mitten in einem Wohn- und Geschäftsgebiet. Das Gebäude der Tevgera Azadî war wohl kein zufälliges Ziel, sondern wurde zuvor gezielt ausgesucht. Mit der Organisation verhält es sich wie allgemein mit der kurdischen Bewegung: als politische Organisation einer Alternative in Kurdistan steht der Name von Tevgera Azadî in den oberen Reihen der Liste von Zielen des türkischen Staates, die ausgeschaltet werden sollen.

Kelar weit weg von türkischer Staatsgrenze

Kelar liegt in der Germîyan-Region und gehört verwaltungstechnisch zum Gouvernement Silêmanî. Die Stadt befindet sich rund 135 Kilometer südlich der gleichnamigen Metropole Silêmanî und mehr als 300 Kilometer von der türkisch-irakischen Staatsgrenze entfernt. Dennoch kommt es hier nicht selten zu Luftangriffen, die von Ankara mit dem Interesse der „territorialen Sicherheit” begründet werden.

Türkischer Staatsterror gegen Zivilbevölkerung

Unter dem Vorwand der „Bekämpfung der PKK“ kommt es seit dem einseitigen Abbruch des Dialogprozesses zwischen dem kurdischen Vordenker Abdullah Öcalan und der türkischen Regierung durch Recep Tayyip Erdoğan im Sommer 2015 faktisch täglich zu Luft- und Bodenangriffen der türkischen Armee in Südkurdistan bzw. dem Nordirak, die sich nicht nur gegen die Guerilla, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung richten – und immer wieder Opfer fordern. Allein 2023 sind nach Recherchen der Community Peacemaker Teams mindestens elf Zivilpersonen bei türkischen Luftangriffen getötet worden, dreizehn weitere wurden verletzt. Im Jahr davor zählte die Friedensinitiative sogar zwanzig Tote und 58 Verletzte infolge des Luftterrors der Türkei. Die Regierungen westlicher Staaten erheben keinerlei Einwände – die tödlichen Angriffe der Türkei auf die kurdische Bevölkerung bleiben für Ankara folgenlos.

Luftangriff auf Şengal

Auch Şengal, das Hauptsiedlungsgebiet der Ezidinnen und Eziden im Nordwesten des Iraks, wird immer wieder von türkischen Kampfbombern ins Visier genommen. Der letzte bekannte Angriff auf die Region ereignete sich am Donnerstag, ein Mensch wurde getötet. Es handelte sich um einen Zivilisten, der als Fahrer für den Angehörigenrat der Gefallenen arbeitete. Das Komitee ist unter dem Dach des Demokratischen Autonomierats Şengal (MXDŞ) organisiert.

Attentat in Silêmanî

Ebenfalls am Donnerstag wurde in Silêmanî ein aus Nordkurdistan stammender Arzt ermordet. Der 35-Jährige ist beim Verlassen eines Restaurants von einem Unbekannten mit mehreren Kugeln niedergestreckt worden. Angehörigen und Bekannte gehen davon aus, dass es sich bei der Tötung des Mannes um einen Auftragsmord aus der Türkei handelt. Die Umstände der Tat deuteten auf einen Killer aus den Reihen des türkischen Geheimdienstes hin. Seit Herbst 2021 kommt es in Südkurdistan immer wieder zu politischen Attentaten, die mutmaßlich auf das Konto türkischer Geheimdienste gehen.