Türkei: Inhaftierte Studierende fordern Generalstreik

Wegen ihrer Beteiligung an den Protesten gegen die Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoğlu sind zahlreiche Studierende im Gefängnis. Aus der Haft heraus fordern sie nun eine Ausweitung des Uni-Boykotts zu einem landesweiten Generalstreik.

„Die Boykottbewegung muss ausgeweitet werden!“

Nach den Massenprotesten gegen die Absetzung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem Imamoğlu sind zahlreiche Studierende inhaftiert worden. Einige von ihnen, die derzeit in der Frauenvollzugsanstalt Marmara festgehalten werden, haben sich nun mit einer Botschaft aus dem Gefängnis zu Wort gemeldet. Trotz der Repression zeigen sie sich entschlossen, den Widerstand fortzusetzen – und fordern die Ausweitung des akademischen Boykotts zu einem landesweiten Generalstreik.

„Arbeiter und Studierende müssen gemeinsam kämpfen“

„Wir rufen die Arbeiter:innen auf, gemeinsam mit den Studierenden zu kämpfen“, heißt es in der Erklärung der inhaftierten Studierenden. Aufgewachsen unter den repressiven, verbotsorientierten und wirtschaftlich belastenden Bedingungen der AKP-Regierung, fordern viele junge Menschen mittlerweile offen einen grundlegenden Wandel. Besonders die Studierenden – an vorderster Front der Proteste – lassen sich trotz Massenverhaftungen nicht zum Schweigen bringen.

Einer der bekanntesten Fälle ist Seçil Murtazaoğlu, eine Studentin der Chemietechnik im zweiten Jahr an der Technischen Universität Istanbul (ITU). Sie wurde am 24. März bei einer Razzia in ihrer Wohnung festgenommen, als sie sich gerade auf eine Boykottaktion im Istanbuler Stadtteil Beşiktaş vorbereitete. Zunächst wurde sie unter Auflagen freigelassen, später jedoch unter fragwürdigen Umständen erneut festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Seitdem sitzt sie im Block C-8 der Marmara-Frauenvollzugsanstalt.

„Unsere Inhaftierung dient der Einschüchterung“, erklärt Murtazaoğlu. „Aber wir lassen uns nicht brechen. Unser Weg ist der des Widerstands – und niemand kann uns davon abbringen. Den Frühling werden wir, die Jugend, bringen.“ Sie fordert, dass der akademische Boykott in einen landesweiten Generalstreik überführt wird, und ruft gezielt Arbeiter:innen zur Unterstützung auf.

„Mit organisierter Solidarität zum Erfolg“

Auch Tutku Kırcalı, Psychologiestudentin an der Boğaziçi-Universität und ebenfalls inhaftiert, betont: „Nur mit einem Generalstreik können wir dem Boykott Nachdruck verleihen.“ Kırcalı war bereits zum 1. Mai 2024 inhaftiert worden und sieht die aktuellen Repressionen als Teil einer länger andauernden Politik der Einschüchterung. „Das Regime versucht, ein Klima der Angst zu erzeugen – doch die Proteste rund um die Absetzung Imamoğlus haben gezeigt: Diese Mauer kann durchbrochen werden.“

Kırcalı erinnert an die Kraft gesellschaftlicher Bewegungen und zieht Parallelen zum Gezi-Aufstand von 2013: „Die Regierung fürchtet nichts mehr als eine neue landesweite Erhebung. Deshalb versucht sie, die Köpfe der Bewegung – besonders uns Studierende – zum Schweigen zu bringen. Doch das wird ihr nicht gelingen. Unser Kampf lässt sich nicht wegsperren.“

„Draußen wie drinnen: der Kampf geht weiter“

Auch Studierende der Universität Istanbul, die derzeit ebenfalls in der Marmara-Haftanstalt festgehalten werden, meldeten sich zu Wort. „Wir sind hier in Solidarität und Widerstand verbunden. Unsere Moral ist gut. Die eigentliche Gefahr ist das Schweigen angesichts von Unrecht“, heißt es in ihrer Botschaft. „Die Unterstützung von draußen gibt uns Kraft. Die Kriminalisierung unseres Protests wird uns nicht einschüchtern. Wir sind junge Menschen, die sich nicht unterdrücken lassen.“

Zum Abschluss senden sie ein Signal an ihre Kommiliton:innen und Unterstützer:innen: „Bleibt standhaft. Lasst uns gemeinsam und Schulter an Schulter kämpfen. Wir sehen uns auf den Straßen – in Solidarität!“