Türkei: Bürgermeisterin von Pirsûs verhaftet

Die Ko-Bürgermeisterin der kurdischen Stadt Pirsûs, Hatice Çevik (HDP), ist wegen Terrorvorwürfen inhaftiert worden. Unter anderem werden der Politikerin Beiträge in den sozialen Medien aus dem Jahr 2015 zum Vorwurf gemacht.

Die Ko-Bürgermeisterin der nordkurdischen Stadt Pirsûs (Suruç, Provinz Riha/Urfa), Hatice Çevik, ist inhaftiert worden. Ein türkisches Gericht in der Provinzhauptstadt Riha ordnete am Mittwoch Untersuchungshaft gegen die Politikerin der Demokratischen Partei der Völker (HDP) an.

Çevik war bereits am vergangenen Freitag im Zuge des politischen Putschs gegen HDP-geführte Stadtverwaltungen festgenommen worden. Ihr wird „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung” und „Terrorpropaganda” vorgeworfen. Konkret geht es um Beiträge der Politikerin in den sozialen Medien zum kurdischen Neujahrsfest Newroz sowie zur Ernennung von Zwangsverwaltern in kurdischen Rathäusern anstelle der demokratisch gewählten Bürgermeister*innen. Die Beiträge stammen teilweise aus dem Jahr 2015.

Bei der Gerichtsverhandlung sollte sich Çevik zudem zu ihrer Kritik an öffentlich ausgeschriebenen Aufträgen und Anstellungen von Mitarbeitern während der Zwangsverwaltung im Jahr 2016 äußern. Die Politikerin erklärte, ihr Recht auf freie Rede und Äußerung beansprucht und mit ihrer Kritik nicht gegen geltendes Recht verstoßen zu haben. Das Verteidigerteam von Çevik bemängelte, dass die Ermittlungsakte unter Geheimhaltung gestellt wurde und es daher im Vorfeld nicht möglich war, alle Beweismittel zu sichten und eine angemessene Verteidigung vorzubereiten. Im Übrigen handele es sich bei den Vorwürfen gegen ihre Mandantin nicht um strafbare Handlungen. Das Gericht widersprach dieser Auffassung und ordnete Untersuchungshaft gegen Çevik an. Die Politikerin wurde mittlerweile an das Typ-T-Gefängnis in Riha überstellt.

Wer ist Hatice Çevik?

Die Politikerin Hatice Çevik arbeitete bis 2015 im Familienunternehmen in Ankara. Zusammen mit ihrer Tochter, ihrem Mann und ihrer Schwägerin ging sie am 10. Oktober 2015 auf eine Friedenskundgebung, zu der die HDP und der linke Gewerkschaftsbund KESK aufgerufen hatten. Die Demonstrant*innen forderten das Ende der Angriffe des türkischen Militärs auf die kurdische Zivilbevölkerung. Ein Attentäter der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) sprengte sich inmitten der Menschenmenge in die Luft. 103 Menschen kamen bei dem Anschlag ums Leben, darunter auch Çeviks Tochter Başak Sidar Çevik und ihre Schwägerin Nilgün Çevik. Sie selbst, ihr Ehemann und mehr als 500 weitere Menschen wurden verletzt.

24 kurdische Rathäuser unter Zwangsverwaltung

Die AKP-Regierung hat seit dem 19. August Zwangsverwalter in 24 ehemals HDP-geführten Rathäusern eingesetzt. 15 im vergangenen März gewählte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der HDP wurden verhaftet. Die HDP hatte am 31. März die Wahlen in 65 Kommunen mit großem Abstand gewonnen. In sechs Kommunen konnten die gewählten Bürgermeister ihr Amt gar nicht erst antreten, weil der Wahlausschuss ihnen die Anerkennung verweigerte. An ihrer Stelle wurden trotz Wahlniederlage die AKP-Kandidaten zu Bürgermeistern.

Bei den vom türkischen Innenministerium eingesetzten Zwangsverwaltern handelt es sich um ernannte Gouverneure und Landräte der Provinzen und Landkreise.