Das türkische Regime zieht die Repressionsschraube gegen den kurdischen Teil der Bevölkerung im Vorfeld der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen weiter an. In der Kreisstadt Cizîr (tr. Cizre) bei Şirnex sind am späten Freitagabend mehrere Personen bei überfallartigen Razzien festgenommen und in die Antiterrorabteilung der Polizei gebracht worden.

Die genaue Zahl der Festnahmen war zunächst nicht bekannt. Unbestätigten Angaben nach sollen Dutzende Personen in Gewahrsam genommen worden sein. Die Razzien, an denen neben polizeilichen Sondereinheiten auch Soldaten der türkischen Armee beteiligt waren, wurden sowohl im Zentrum von Cizîr als auch in nahegelegenen Dörfern durchgeführt. Die Namen von drei Festgenommenen sind dieser Redaktion bekannt. Gegenüber den Betroffenen und Angehörigen wurden keine Angaben zu den Hintergründen der Festnahmen gemacht.

In regierungsnahen Medien wird das Vorgehen in Cizîr als „Anti-Terror-Operation“ gegen vermeintliche Unterstützer:innen der kurdischen Arbeiterpartei PKK und ihres Dachverbands KCK dargestellt. Der „Terror“-Verdacht begründe sich demnach unter anderem auf „verbotenen Parolen“, die von den Festgenommenen bei Newroz-Feiern im vergangenen März sowie nachfolgenden Wahlkampfveranstaltungen in der Stadt skandiert worden seien. Dabei sei es angeblich auch zu „Steinwürfen auf Sicherheitskräfte“ gekommen.

Massenfestnahmen gegen Opposition

Seit dem 25. April sind Hunderte Oppositionelle in der Türkei festgenommen worden, allein in Amed (tr. Diyarbakir) erging gegen über fünfzig Personen Haftbefehl wegen Unterstützung der PKK. Bei den Betroffenen handelt es sich um Politiker:innen, Journalist:innen, Künstler:innen, Gewerkschaftsmitglieder, Anwält:innen und Aktivist:innen aus dem Umfeld der Grünen Linkspartei (Yeşil Sol Parti, YSP), unter deren Banner die von einem Verbot bedrohte Demokratische Partei der Völker (HDP) zu den Wahlen antritt. In Şirnex waren am Mittwoch mehrere Jugendliche festgenommen worden, ein Fünfzehnjähriger wurde wegen angeblicher „Terrorpropaganda“ verhaftet. In Istanbul und Eskişehir sind Mitte der Woche sieben Personen unter „Terror“-Verdacht in Untersuchungshaft genommen worden.