Die Guerillakämpfer:innen Mahir Alîşêr Koçgirî, Edessa Mûnzûr und Mazlum Dijwar sind im September bei einem Angriff der türkischen Armee in der Zap-Region in Südkurdistan ums Leben gekommen. Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte würdigt die Gefallenen als mutige Militante, die mit großer Selbstlosigkeit gegen die Besatzungstruppen des türkischen Staates Widerstand leisteten. Den Angehörigen und dem Volk Kurdistans sprechen die HPG ihr Beileid aus.
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Codename: Mahir Alîşêr Koçgirî
Vor- und Nachname: Onur Kapar
Geburtsort: Istanbul
Namen von Mutter und Vater: Senem – Metin
Todestag und -ort: 29. September 2023 / Zap |
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Codename: Edessa Mûnzûr
Vor- und Nachname: Canda Şêxmûs
Geburtsort: Amûdê
Namen von Mutter und Vater: Edla – Abdulkadir
Todestag und -ort: 29. September 2023 / Zap |
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Codename: Mazlum Dijwar
Vor- und Nachname: Bekir Mihemed Hesen
Geburtsort: Efrîn
Namen von Mutter und Vater: Mûne – Mihemed
Todestag und -ort: 29. September 2023 / Zap |
Mahir Alîşêr Koçgirî
Mahir Alîşêr Koçgirî ist in Istanbul geboren. Seine alevitisch-türkische Familie stammte ursprünglich aus Sêwas (tr. Sivas). Er wuchs mit der alevitischen Kultur in einem sozialistisch-revolutionärem Umfeld auf und lernte 2004/2005 PKK-Kader kennen, die mit ihrer Bescheidenheit und ihrer Liebe zum Leben großen Eindruck auf ihn machten. Daher beschäftigte er sich mit den Vorstellungen von Abdullah Öcalan zum Sozialismus, der Revolution, einem freien Leben und einer sozialistischen Persönlichkeit und wurde politisch aktiv. 2007 nahm er an einer Trauerfeier für 17 in Dersim gefallene Mitglieder der MKP teil. Angesichts der zerfetzten Leichen dieser revolutionären Menschen schwor er Rache. Im selben Jahr wurde er aufgrund seiner politischen Arbeit verhaftet und verbrachte die folgenden fünf Jahre im Gefängnis. Kurz nach seiner Entlassung ging er 2012 nach Kurdistan und schloss sich der PKK-Guerilla an. Seine Haftzeit hatte er als revolutionäre Akademie genutzt, in den Bergen kombinierte er sein theoretisches Wissen mit der Wirklichkeit seines neuen Lebens. Er war begeistert und willensstark und ging mit anfallenden Problemen konstruktiv und lösungsorientiert um. Innerhalb kurzer Zeit entwickelte er sich auch im militärischen Bereich weiter und profitierte dabei von erfahrenen Kommandant:innen in seinem Umfeld. Aufgrund seiner gefestigten und aufrichtigen Persönlichkeit übernahm er bald wichtige Aufgaben in verschiedenen Gebieten. Zuletzt kämpfte er im Şehîd-Delil-Abschnitt in der westlichen Zap-Region und nahm mit großem Mut und Zielstrebigkeit an vielen erfolgreichen Aktionen gegen die türkischen Besatzungstruppen teil. „Unser Weggefährte leistete opferbereiten Widerstand und schloss sich bei einem feindlichen Angriff am 29. September der Karawane der Gefallenen an. Wir versprechen, die Erinnerung an Heval Mahir Alîşêr im Kampf für Freiheit, Demokratie und Sozialismus in Kurdistan und der Türkei weiterleben zu lassen. Bis seine Träume Wirklichkeit geworden sind, werden wir ohne Atempause weiterkämpfen“, erklären die HPG in ihrem Nachruf.
Edessa Mûnzûr
Edessa Mûnzûr ist in Amûdê in Rojava geboren. Ihre Familie stand der kurdischen Freiheitsbewegung nahe und Edessa wuchs in einem Dorf in einer natürlichen Umgebung mit der kurdischen Kultur und Sprache auf. Die PKK war ihr bereits als Kind ein Begriff, weil ihre Familie von Anfang an in Rojava an der revolutionären Arbeit beteiligt war und in ihrem Elternhaus ständig Kader zu Besuch waren. Ihr Onkel Dijwar Zagros (Abdulselam Şêxmûs) kam 1998 im Kampf ums Leben. Im Zuge der Revolution von Rojava sah auch sie sich verantwortlich für ihr Volk. Während des IS-Angriffs auf Rojava erlebte sie mit, dass Tausende Menschen von überall ins Land kamen und sich an der Verteidigung beteiligten. 2015 traf sie eine Entscheidung und ging in die Berge zur Guerilla. In ihrer ersten Ausbildung lernte sie viel über die Realität ihres Volkes und ihre eigene Persönlichkeit. Wie sie selbst sagte, empfand sie jede neue Erkenntnis als einen Schritt zur Freiheit. Sie verglich das Leben in der PKK mit ihrem vorherigen Leben in der Gesellschaft und erkannte den Wert, den Frauen im Befreiungskampf haben. Da in dieser Zeit massive Angriffe auf das kurdische Volk und die Freiheitsbewegung stattfanden, konzentrierte sie sich von Anfang an auch auf ihre militärische Ausbildung. Nachdem sie erste Kompetenzen gewonnen hatte, kämpfte sie in den Gebieten Mexmûr, Kerkûk und Şengal gegen den IS und nahm Rache für die von den Islamisten versklavten Ezidinnen. In diesem Kampf machte sie wichtige Erfahrungen. Danach kehrte sie zurück in die Medya-Verteidigungsgebiete und hielt sich eine Zeitlang in Heftanîn auf. Nach dem Beginn der türkischen Invasion kam sie in den Zap und nahm am Tunnelkrieg teil. Jede erfolgreiche Aktion gegen den Feind war für sie ein Schlag gegen die reaktionäre Mentalität der Angreifer. Die HPG würdigen Edessa Mûnzûr als beispielhafte Militante der PKK und der PAJK.
Mazlum Dijwar
Mazlum Dijwar ist in Efrîn geboren und in einer kurdischen Familie mit großer Liebe zum eigenen Land und ethischen Wertvorstellungen aufgewachsen. Zur Zeit der Revolution von Rojava befand er sich in den ersten Jahren seiner Jugend und gehörte somit zu der ersten Generation, die mit den Grundsätzen eines neuen Lebens aufwuchs und diese Prinzipien verinnerlichte. Er machte früh die Erfahrung, dass eine Revolution nicht einfach stattfindet und dafür ein hoher Preis gezahlt werden muss. Auch in seinem familiären Umfeld gab es Gefallene. 2017 schloss er sich den Freiheitskämpfer:innen in Rojava an, 2018 nahm er mit großem Mut und Opferbereitschaft am Widerstand gegen die türkische Invasion in Efrîn teil. Danach ging er in die Berge und wurde Guerillakämpfer. Der respektvolle Umgang seiner Mitkämpfer:innen und die Art und Weise der Beziehungen untereinander beeindruckten ihn nachhaltig und er nahm enthusiastisch am Guerillaleben teil. In seiner Ausbildung erlernte er die Grundprinzipien des Guerillakampfes und den Gebrauch verschiedener Waffen. Gleichzeitig beschäftigte er sich intensiv mit den ideologischen Inhalten der PKK und dem auf Frauenbefreiung, Basisdemokratie und sozialer Ökologie basierenden Paradigma von Abdullah Öcalan. Die brutalen Angriffe der türkischen Armee auf die Guerilla und insbesondere der Einsatz von Chemiewaffen, der zum Tod vieler Kämpfer:innen führte, stärkten seine Entschlossenheit und seinen Wunsch nach Rache. Um Vergeltung zu üben und die Besatzer zurückzuschlagen, ging er in die westliche Zap-Region und nahm im Tunnelkrieg und im Gelände an vielen schlagkräftigen Aktionen gegen den Feind teil. Die HPG erklären, dass Mazlum Dijwar mit seiner reifen Persönlichkeit, seinem bescheidenen Leben und seiner unerschütterlichen Verbundenheit mit seinen Genossinnen und Genossen einen unvergesslichen Eindruck hinterlassen hat.