Namen von Avaşîn-Gefallenen veröffentlicht

Die HPG haben die Namen von fünf Guerillakämpfer:innen veröffentlicht, die bei Bombardements der türkischen Armee in Avaşîn ums Leben gekommen sind. Einige von ihnen kämpften bereits in Şengal gegen den IS.

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (ku. Hêzên Parastina Gel, HPG) hat die Namen von fünf Guerillakämpfer:innen veröffentlicht, die sich an der Widerstandsoffensive „Bazên Zagrosê“ beteiligten und zwischen dem 10. und 12. Mai infolge von Bombardierungen der türkischen Armee in der Avaşîn-Region in Südkurdistan ums Leben gekommen sind. Die Identitäten der Kämpfer:innen lauten:

                                  

Codename: Agir Bizot

Vor- und Nachname: Ramazan Demir

Geburtsort: Colemêrg

Namen von Mutter und Vater: Delîla – Şevket

Todestag und -ort: 10. Mai 2021 / Avaşîn

 

 

Codename: Canşêr Avaşîn

Vor- und Nachname: Fırat Özsucu

Geburtsort: Amed

Namen von Mutter und Vater: Saadet – Mehmet Tahir

Todestag und -ort: 11. Mai 2021 / Avaşîn

 

 

Codename: Sîpan Xelat

Vor- und Nachname: Nurullah Çakır

Geburtsort: Wan

Namen von Mutter und Vater: Behice – Ramazan

Todestag und -ort: 11. Mai 2021 / Avaşîn

 

 

Codename: Agirîn Karer

Vor- und Nachname: Amed Arslan

Geburtsort: Mûş

Namen von Mutter und Vater: Harika – Cevdet

Todestag und -ort: 12. Mai 2021 / Avaşîn

 

 

Codename: Viyan Botan

Vor- und Nachname: Kübra Kılıç

Geburtsort: Sêrt

Namen von Mutter und Vater: Gurbet – Hakim

Todestag und -ort: 12. Mai 2021 / Avaşîn

 

Agir Bizot wurde in Çelê (tr. Çukurca) in der nordkurdischen Provinz Colemêrg (Hakkari) als Sohn patriotischer Eltern geboren. Geprägt durch sein familiäres Umfeld, wuchs er in Zuneigung für den kurdischen Befreiungskampf auf. Gleichzeitig wurde er Zeuge der staatlichen und genozidalen Assimilierungspolitik in Kurdistan. „Er glaubte, dass diese Politik nur durch Widerstand verhindert werden kann“, schreiben die HPG über das Leben von Agir Bizot. Mit diesem Ideal war er bis 2014 in der kurdischen Jugendbewegung aktiv, bevor es ihn zur Guerilla in die Berge zog. Ab 2015 hielt er sich eine Weile im ezidischen Siedlungsgebiet Şengal auf und beteiligte sich an Offensiven zur Befreiung der durch den IS besetzten Gebiete in der Region. Dort wurde er verletzt und ging später ins Zagros-Gebirge. „Mit seiner Leidenschaft für das Leben, seiner Moral und seiner entschlossenen und mutigen Haltung auf dem Kampfgebiet wurde unser Freund und Kommandant Agir für seine Weggefährt:innen zu einer Quelle des Vertrauens. Er hat seinen Platz unter den unvergesslichen Heldinnen und Helden von Avaşîn eingenommen”, so die HPG.

 

Canşêr Avaşîn kam in Amed (Diyarbakir) zur Welt und wuchs ebenfalls in einem patriotischen Familienumfeld auf. Unter dem Eindruck der Besatzung Kurdistans suchte er Wege, sich dem „durch das System auferlegte Leben“ zu entziehen. „Auf dieser Suche traf er auf das Paradigma von Rêper Apo (Abdullah Öcalan). Je besser er diese Philosophie verstand, desto fester wurde sein Glaube an das freie Leben. Heval Canşêr wurde bewusst, dass diese Art von Leben nur jenseits der Grenzen des Systems möglich sein kann. Mit dieser Perspektive schloss er sich den Reihen der Guerilla an. Hier fühlte er sich wie neu geboren. Es dauerte nicht lange, bis sich Canşêr mit dem Leben in den Bergen vereinte und die Auswirkungen des Systems auf sein bisheriges Dasein überwunden hatte.“ Nach HPG-Angaben gehörte Canşêr Avaşîn zu den Pionier:innen des neuzeitlichen Guerillastils und beteiligte sich an diversen Widerstandsoffensiven gegen die türkische Besatzung in Kurdistan. „Als apoistische und militante Persönlichheit gehört er zu den Symbolfiguren unseres Kampfes.“

 

Sîpan Xelat wurde in Wan geboren. Vor allem seine Mutter war der patriotischen Tradition in Kurdistan tief verbunden, heißt es im Nachruf auf den Kämpfer. Diese Tatsache prägte ihn, sodass er sich zu einer Zeit, in der die Angriffe des türkischen Staates gegen das kurdische Volk und die Befreiungsbewegung am intensivsten waren, der Guerilla anschloss. Sîpan Xelat war in allen Bereichen des Kampfes aktiv, zuletzt auf der Ebene der Kommandantur. Seit 2018 hielt er sich in Avaşîn auf. „Er war verliebt in die faszinierende Natur dieser Region“, heißt es. „Seit Beginn der Invasionsangriffe eilte er mit seiner unaufhörlichen Energie von Position zu Position und traf den Feind überall dort, wo er Fuß fasste. Sîpan Xelat ist und bleibt ein unvergesslicher Freund und Kommandeur.“

 

Agirîn Karer kam als Tochter einer patriotisch-kurdischen Familie in Mûş zur Welt. Sie wuchs in einem Umfeld auf, das geformt worden war durch die widerständige Kultur in der Serhed-Region und die revolutionären Werte der PKK. Auch sie lernte die kurdische Befreiungsbewegung unter dem Eindruck der Unterdrückungs- und Assimilierungspolitik des türkischen Staates näher kennen. Besonders die Frauenbefreiungsideologie von Abdullah Öcalan hinterließ einen tiefen Eindruck bei ihr. Als Alternative zum Leben in der kapitalistischen Moderne zog es Agirîn Karer in die freien Berge Kurdistans. Mit dem Anspruch der totalen Befreiung nahm sie an ideologischen Schulungen teil und unternahm erste Schritte, eine herrschaftsfreie weibliche Identität zu entwickeln. Sie beseitigte sowohl die Auswirkungen des kapitalistischen Systems auf ihr ziviles Leben als auch sogenannte traditionell weibliche Eigenschaften. Nach einer Weile in den Medya-Verteidigungsgebieten ging Agirîn Karer nach Êzîdxan, ins Land der Ezid:innen, um sich an der Verteidigung des ezidischen Volkes gegen den Genozid und Feminizid durch den IS zu beteiligen. Nach dem Sieg über die Terrormiliz kehrte sie aus Şengal zurück nach Avaşîn.

 

Viyan Botan wurde in Sêrt geboren. Ihre Persönlichkeit war ein Spiegelbild der Widerstandskultur der Botan-Region, heißt es über ihr Leben. Ihr Anschluss an die Guerilla sei ein „Akt der Vergeltung“ gewesen für die Massaker des türkischen Staates in den kurdischen Städten Cizîr (Cizre) und Nisêbîn (Nusaybin), zu denen es 2015 nach der Ausrufung der Selbstverwaltung kam. „In den Bergen suchte sie Antworten auf die Frage, wie eine Frau frei sein kann. Sie wurde fündig“, so die HPG. Ob gegen den IS oder den türkischen Staat, überall kämpfte sie voller Hingabe gegen Angriffe auf die kurdische Gesellschaft. „Sie war überall dort, wo der Krieg am intensivsten war. Auch in Avaşîn legte sie diese Haltung an den Tag. Viyan Botan zeigte wie ihre Freund:innen Agir Bizot, Canşêr Avaşîn, Sîpan Xelat und Agirîn Karer ihre tiefe Verbundenheit zu Rêber Apo und unseren bereits gegangen Freundinnen und Freunden und schloss sich der Karawane der Gefallenen an. Sie alle sind unvergessen, denn Gefallene sterben nicht.”

 

Die HPG sprechen den Angehörigen der Gefallenen und dem kurdischen Volk ihr Beileid aus. „Wir versprechen, dem Weg der Gefallenen zu folgen und ihre Ziele zu verwirklichen.“